Krems – Man kann es durchaus als Kunststück bezeichnen, was den Kuratoren da zum Auftakt des "Kontraste"-Festivals in der Minoritenkirche, Pardon, im Klangraum in Krems-Stein gelungen ist. Drei Konzerte, bestritten großteils von szenepräsenten Wiener MusikerInnen, waren zu hören, mit Musik indes, die Wien und wohl auch andere Orte noch nicht erlebt haben. Dreimal vernahm man das Forschen in entgrenzten Klangterritorien, dreimal strukturbewusstes Zutagefördern der sinnlichen Fund-Materialien.

Da waren Angélica Castellós filigrane Bassflötenskulpturen, Burkhard Stangls gleißende Vibrafon-Wellen, da war die denkwürdige Uraufführung eines "Saxophone Concerto" von Stangl und John Butcher: Letzterer zog als Solist in körperhaften Akkordklängen, hochexpressiven Geräuschstrukturen und fetten, dunklen Zirkularatmungs-Drones eine Energiespur durch das Ensemble-Environment.

Da war die Premiere von Franz Hautzingers "Gomberg II"-Projekt: Sechs Trompeter und zwei Tubisten schufen blubbernde wie auch minimalistisch gewobene Soundtableaus und metallisch moussierende Klangwälle, wie man sie bislang noch nicht gehört hat.

Und da war das überraschungsreiche Aufeinandertreffen der elaborierten Puls-Strukturen des Berliners Monolake mit den spontan gesteuerten Klangströmen Wolfgang Mitterers, ein in ständiger Metamorphose befindliches Klanggebräu, dem sich auch Lillevans um abstrahierte Found-Footage kreisende Visuals kongenial einfügten.

Die "Magnetic Ladies" ließen tags darauf zuweilen Anziehungskraft vermissen: Alexis O'Haras aus prozessierten Stimmgeräuschen erschaffene Soundscapes boten interessante Momente, erreichten jedoch inhaltlich nicht die Sphäre des Außerordentlichen. Zur Gratwanderung zwischen Trash und Kitsch geriet die Performance Dorit Chryslers. Während ihre hauchigen Techno-Popsongs Charme entfalteten, konnte man dies von den höchst konventionellen Theremin-Vorführungen zu klassischen Instrumental- und Bigband-Zuspielungen ("Besame Mucho"!) nicht behaupten.

Stil irrelevant

Diamanda Galás übermalte und überstrahlte ihr etwas holpriges Klavierspiel indessen mit ihrer herrlichen maßlosen, ekstatischen Stimme. Ob Blues, Rembetiko, stilistische Fragen scheinen für die Grande Dame des Abseitigen nicht relevant. In ihrer lustvoll am Abgrund wandelnden, dunklen Tragödinnen-Stimme erwies sich Galás in Krems einmal mehr als Musikerin eigener Kategorie. (Andreas Felber / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12.10.2007)