Bernstein ist "nur" eine Drei-Sterne-Burg.

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Dafür bietet das Hotel allerdings eine authentische Atmosphäre, die nur wenigen Schlosshotels geblieben ist.

Foto: Österreich Werbung / Herzberger

Die Dame ist unerbittlich. Nein, sagt sie, und weist auf ihre Uhr, jetzt sei es sechs Uhr am Abend, und das bedeute Hausfrieden. Was sie damit sagen will, ist klar: "Feierabend - nichts geht mehr!" Heute kommt kein Besucher mehr in die Burg Bernstein hinein, es sei denn, er sei Gast im Hotel des alten Gemäuers.

Als solcher kann man jedenfalls sicher sein, recht romantisch, wenn auch eher spartanisch zu wohnen. Telefon und Minibar gibt es nicht in den Gästezimmern, die zum Teil noch vom Flur her beheizt werden. Auf Anschluss an die Elektrizität mochte man zwar nicht verzichten, doch jedes Abendessen spielt sich als Candle-Light-Dinner bei Kerzenschein im Rittersaal ab.

Dennoch oder gerade deswegen stehen die Gäste, die gerne auf Burg Bernstein im südlichen Burgenland eine oder auch mehrere Nächte verbringen möchten, Schlange. Vor allem seit der Film "Der englische Patient" in unseren Kinos zu sehen war. Der wurde nämlich vor Jahren zum Teil auf dieser alten Ritterburg hoch auf einem Felsblock über der ungarischen Tiefebene gedreht, weil der Held des Films, Ladislaus Almásy, ja auf Burg Bernstein gelebt hatte.

Der Graf, Rennfahrer, Pilot in beiden Weltkriegen und Wüstenforscher in Afrika auch im Dienst Rommels - im Roman von Michael Ondaatje wurde seine Vita als "englischer Patient" ja recht frei nacherzählt - hat die Spuren seiner Afrika-Liebe jedenfalls an vielen Stellen auf der Burg hinterlassen. "Als Abu Ramla - Vater des Sandes" war er vor allem in den arabischsprachigen Ländern Nordafrikas bekannt. Und so sind es denn insbesondere die arabischen Schriftzeichen in diesen Gemäuern, die an den historischen früheren Burgherren erinnern.

Mehr als 1000 Jahre ist sie alt, die Burg Bernstein oberhalb des kleinen Städtchens Bernstein. Einst gehörte sie den ungarischen Grafen Batthyány, die für Jahrhunderte das südliche Burgenland beherrschten und prägten und deren Spuren noch an manchen Stellen bis heute sichtbar sind. Erst 1892 erwarb die Familie Almásy das historische Gemäuer. Als nach dem Ende des Ersten Weltkrieges das heutige Burgenland zu Österreich kam und die Verbindungen nach Ungarn, in das man von der Burg Bernstein aus hinüberblicken kann, abgeschnitten wurden, funktionierten die Almásys das Traditionsgemäuer in eine Nobelherberge für Gäste um, die auf der Suche nach atmosphärischer Stimmigkeit sind.

Einnehmen unnötig

Burgen wie Schleinig, Lockenhaus (oft als schönste mittelalterliche Ritterburg des Landes bezeichnet) oder Güssing nimmt man ja traditionellerweise mühsam ein. Doch selbst wenn sie sich so unerreichbar wie jene über der kleinen Stadt Güssing geben, der Schein trügt. Heute bleibt es dem Besucher erspart, einen endlos wirkenden Pfad nach oben zu meistern, ein Schrägaufzug bringt einen in Minutenschnelle in das mittelalterliche Wunder Güssing hinauf.

Von einem natürlich längst erloschenen Vulkankegel aus beherrscht die 1157 als hölzerne Wehranlage errichtete älteste Burg des Burgenlandes das weite Land. 1459 wurde hier Kaiser Friedrich III. zum König von Ungarn gewählt, Mitte des 16. Jahrhunderts kam sie in den Besitz der Batthyánys, die sie zur ziegelgemauerten Festungsanlage ausbauen ließen. Seit 1870 ist Güssing im Besitz einer Stiftung, die den Komplex mit viel Geld und Geschick so restaurierte, dass der Besucher sich von einer Atmosphäre vergangener Jahrhunderte umgeben fühlt und beim Gang durch die einstigen Wohnräume glauben mag, der Burgherr sei nur vorübergehend verreist.

Vor allem als Ort dauerhafter Ausstellungen bleibt die Burg zwar noch bis Ende Oktober kultureller Anziehungspunkt im südlichen Burgenland, der Güssinger Kultursommer ist aber, wie der Name schon sagt, im Herbst kein Thema. Da wird man sich wohl eher für den "Naturpark in der Weinidylle" interessieren, der die Burgen als atmosphärische Randerscheinung eines Wein- und Wanderkonzepts ja miteinbezieht.

Der 1999 gegründete und über 7200 Hektar große Naturpark, der praktisch das gesamte südliche Burgenland umfasst und nach wie vor wenig Beachtung findet, knüpft auf seine Weise ebenfalls an die Urbarmachung alter Herbergen an. Allerdings nicht mit zu Schlosshotels adaptierten Burgen, sondern mit einem von der EU geförderten Interreg-Projekt, das alte Kellerstöckeln in Appartements verwandelt. Zwölf Objekte sind es aktuell, die das Wohnen im Weingarten und das auch sonst thematisch nahe an der Traube hängende Konzept zum Programm machen. (Christoph Wendt/Der Standard/Printausgabe/13./14.10.2007)