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Auf beiden Seiten des Minoritenplatzes heißt es: So etwas wie freundschaftliche Wärme werde zwischen Außenministerin Plassnik und Kanzler Gusenbauer wohl nicht mehr aufkommen.

Foto: APA/Holzner
Brüssel/Wien - Für Caspar Einem hat die Außenministerin schuld. "Sie ist eifersüchtig darauf bedacht, die einzige Herrin über die Außenpolitik zu sein", kritisiert der scheidende außenpolitische Sprecher der SPÖ: "Es ist sehr schwierig." Michael Spindelegger schiebt die Verantwortung hingegen auf den Kanzler. "Die Außenministerin ist der Profi, das muss beim Kanzler erst wachsen", meint der zweite Nationalratspräsident und ÖVP-Außenpolitiker: "Er koordiniert wenig und versucht immer, sich in den Vordergrund zu stellen."

In den Regierungsparteien ist es ein offenes Geheimnis: Am internationalen Parkett steigen sich Kanzler Alfred Gusenbauer und Außenministerin Ursula Plassnik oft auf die Zehen. Jüngster Anlass: Der Streit um die von der EU bekämpften Hürden für ausländische Medizinstudenten an Österreichs Unis.

Vergangene Woche hatte Gusenbauer gemeint, Österreich habe wenig Chancen, das Recht, den Zugang zu seinen Unis selbst zu regeln, im EU-Reformvertrag durchzusetzen. Stattdessen setzte der Kanzler auf eine Lösung durch einen Beschluss der EU-Kommission. Gestern, Montag, verfolgte aber Außenministerin Plassnik wieder genau den Kurs, den Gusenbauer als wenig erfolgversprechend verworfen hatte - nämlich die Verankerung im Reformvertrag, der diese Woche beschlossen werden soll.

"Wir hatten sehr gute Verhandlungsergebnisse, dann fuhr der Kanzler über uns drüber - nicht zum ersten Mal," sagt ein Diplomat zum Standard. Noch deutlicher der ÖVP-Parlamentarier Spindelegger: "In so heiklen Fragen sollte der Kanzler nicht auf Applaus im Inland schielen", sagt er und verweist auf Gusenbauers harte Töne gegenüber der EU-Kommission in der Causa: "Wenn jemand so die Muskeln spielen lässt, drohen Irritationen."

Genauso kritisch sieht Spindelegger Vorstöße des Kanzlers in der Kosovo-Debatte. Und auch zum EU-Beitritt Serbiens gehen die Meinungen auseinander - was schon dazu geführt haben soll, dass Kanzlermitarbeiter in den Fliegern der Außenministerin zu diversen EU-Events keinen Platz mehr fanden.

Eine konzertierte ÖVP-Strategie, Gusenbauer anzupatzen, vermutet hingegen die SPÖ. "Gelingt etwas, ist Plassnik verantwortlich. Geht etwas schief, dann war's ein Roter", meint Caspar Einem.

Im Kanzleramt freilich will man von Konflikten offiziell nichts wissen. Gusenbauers Außenpolitik-Berater Bernhard Wrabetz zum Verhältnis zu Plassnik: "They sing from the same sheet." (jo, mimo/DER STANDARD, Printausgabe, 16.10.2007)