Einig ist man sich nur in einem: Die Asylbehörden sollen nun mehr Personal bekommen.

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Wien - Zwölf Stunden, nachdem die Regierung Montagabend mit einem pompösen Festakt den Auftakt ihrer Integrationsplattform in einem Wiener Innenstadt-Palais gefeiert hatte, war die koalitionäre Harmonie wieder flöten.

Der Anlass: Unmittelbar nach der Konstituierung des Gremiums, das für ein besseres Miteinander mit den Migranten sorgen soll, war Innenminister Günther Platter (ÖVP) auf den Küniglberg geeilt, um im "ZiB 2"-Studio zu verkünden, dass er die im "Integrationsvertrag" vorgeschriebenen 300 Stunden Deutsch, die Zuwanderer seit 2006 in Form eines Kurses absolvieren müssen, auf mindestens 600 Stunden aufstocken wolle.

Das Pikante an Platters Vorhaben: Migranten benötigen den Nachweis des Deutschkurses, um zu einer Verlängerung ihrer Aufenthaltsgenehmigung zu kommen, und auch Einbürgerungswillige benötigen einen solchen, um den österreichischen Pass zu erlangen. Dazu hatte am Montag eine EU-Studie der Republik bescheinigt, dass sie im Vergleich zu 26 anderen Staaten ihren Ausländern die Integration besonders schwer macht. Schlusslicht ist Österreich gar beim Zugang zur Staatsbürgerschaft.

Nicht zuletzt stellen auch die hohen Deutschkurs-Kosten eine Barriere für die Migranten dar, die je nach Anbieter stark schwanken. Denn viele Zuwanderer müssen für ihren Lehrgang 750 Euro und mehr hinblättern, was Gastarbeiterfamilien mit mehreren Kursteilnehmern mitunter sehr teuer kommt. Der Staat trägt zwar 50 Prozent der Lehrgangkosten, schießt aber nur einen Maximalbetrag von 750 Euro zu. Und: Die Subvention wird rückwirkend, nämlich erst nach bestandener Prüfung, ausgezahlt.

SPÖ verschnupft

Die SPÖ reagierte am Dienstag verschnupft auf Platters Vorstoß, nicht zuletzt weil gewichtige Sozialdemokraten in der Vergangenheit immer wieder den unter Schwarz-Blau-Orange beschlossenen Integrationsvertrag sowie das neue, restriktive Staatsbürgerschaftsgesetz oft und heftig kritisiert hatten. Offenbar um den wackligen Koalitionsfrieden zu wahren, formulierte Bundesgeschäftsführer Josef Kalina seine Kritik ungewöhnlich vorsichtig. Für die SPÖ sei die "Qualität der Deutschkurse entscheidend und nicht die Quantität der Stunden", stellte er klar. "Man kann doch nicht ein Kurskonzept allen Zuwanderern überstülpen. Manche brauchen 300, andere vielleicht 600 und wieder andere noch mehr."

Zudem stelle die angedachte Verdoppelung der Stunden auch eine Verdoppelung der Kursgebühren dar, was für Migranten zu einer "erheblichen finanziellen Mehrbelastung" führe, moniert der SPÖ-Politiker. Weiters könne er sich "kaum vorstellen, dass Bund und Länder", die die Kurskosten zum Teil mitsubventionieren, "so einfach ihren Sanktus zur Aufstockung der Mittel geben".

Rotes Wien verärgert

Wesentlich deutlicher machte das rote Wien seinem Ärger über den schwarzen Alleingang Luft. "Statt an 600 Stunden zu denken, wäre der Innenminister besser beraten, die Deutschkurse für die Menschen leistbar zu machen und im Rahmen der Integrationsplattform konkrete Integrationsmaßnahmen zu erarbeiten", erklärt Wiens Integrationsstadträtin Sandra Frauenberger dem Standard. "Denn Fakt ist: Die Deutschkurse sind sehr teuer. Und so wie das bundesweit momentan geregelt ist, ist es für die Leute jetzt schon fast unfinanzierbar. Wer kann schon rund 1000 Euro pro Kopf für einen Kurs einfach so aufbringen?", fragt sich die Stadträtin.

Trotz mehrmaliger Anfragen war am Dienstag nicht zu eruieren, wie sich der Innenminister die Finanzierung für die Aufstockung der Deutschkurse vorstellt.

Für Diakonie-Direktor Michael Chalupka ist Platters Ansinnen zwar "durchaus vernünftig". Aber: "Wenn man das macht, dann muss auch der Staat sehr viel mehr Geld in die Hand nehmen", mahnt er: "Sonst ist das Projekt zum Scheitern verurteilt."

Zumindest in einem Punkt konnte sich die SPÖ am Dienstag gegen die ÖVP durchsetzen. Nachdem Kanzler Alfred Gusenbauer zum Auftakt der Integrationsplattform mehr Personal für die Asylbehörden eingefordert hatte, gab Vizekanzler und Finanzminister Wilhelm Molterer (ÖVP) tags darauf grünes Licht: Er kündigte an, dass Platter nun einen Postenplan für den Asylgerichtshof, der 2008 zu arbeiten beginnt, erstellt, um den Rückstau der Asylverfahren bis 2010 abbauen zu können. (von Peter Mayr und Nina Weißensteiner/DER STANDARD, Printausgabe, 17.10.2007)