"Und wann bekommen wir einen Nobelpreis?", fragte der Moderator bei der letzten ORF-Pressestunde den Wissenschaftsminister. "Innerhalb der nächsten zehn Jahre", meinte dieser. Sein Wort in Gottes Ohr. Selbst wenn jetzt mehr für die Forschung getan werden sollte – Nobelpreise lassen sich nicht so einfach bestellen. Meist geht ihnen eine langjährige Forschungs- und Universitätskultur voraus.

Ich war letzte Woche in Cambridge, nach dem jüngsten Hochschul-Ranking die beste Universität der Welt. Sechzig Nobelpreise hat sie im Lauf der Jahre eingeheimst. Es wäre unfair, diese ehrwürdige Institution, die sich unter Studenten wie Dozenten die Besten der Besten aussuchen kann, mit unseren Massenuniversitäten zu vergleichen. Aber es lohnt trotzdem, sich anzuschauen, wie ein Studium unter idealen Bedingungen ablaufen kann.

Betreuung steht an erster Stelle. Überfüllte Hörsäle, unerreichbare Professoren, Leerlauf und Warten auf Laborplätze und Prüfungstermine sind unbekannt. Meine studentischen Gewährsleute sehen ihre sogenannten Supervisoren jede Woche, zu Einzelgesprächen oder in Gruppen zu fünf, sechs Leuten. Sie lesen eine Menge und schreiben wöchentlich einen Essay, der dann mit dem Supervisor und den Kollegen analysiert und diskutiert wird. Berühmte Wissenschafter kann man jederzeit ansprechen und befragen.

Das alles hat natürlich seinen Preis. Ein Studienjahr kostet dreitausend Pfund, etwa 4500 Euro, übrigens nicht nur in Cambridge, sondern an jeder britischen Universität. Man kann aber ein Studiendarlehen aufnehmen, das man erst zurückzahlen muss, wenn man einmal mehr als 15.000 Pfund jährlich verdient. Trotzdem sind Studiengebühren in der öffentlichen Diskussion kein großes Thema, auch nicht unter Linken. Man rechnet, dass ein Akademiker im Lauf seines Arbeitslebens so viel verdient, dass es nur recht und billig ist, wenn er einen Teil davon für seine Ausbildung zurückgibt.

Dafür kann der Studierende damit rechnen, dass er im Lauf von drei Jahren seinen Bachelor macht und damit eine solide Grundlage für einen Job oder ein weiterführendes Studium hat. Aber wenn er einmal ein Semester verbummelt? Das gibt es nicht, wird mir versichert. Das Studium ist so teuer, dass niemand auf die Idee kommt, die Zeit an der Universität nicht zu nutzen. Und außerdem macht das Lernen denen, die es bis nach Cambridge schaffen, Freude. Es gehört einfach dazu, dass man hart arbeitet, und das auch noch gern.

Wie wählt man die Besten aus? Spitzennoten und eine Empfehlung der Schule sind Voraussetzung. Das Entscheidende für eine Aufnahme ist aber das Gespräch, das die Universität mit denen führt, die in die engste Auswahl gelangen. Experten sagen, das wichtigste Kriterium dabei ist, dass die Bewerber/innen wirklich leidenschaftlich an ihrem Fach interessiert sind. Begabung, Begeisterung und Fleiß – das ist der Humus, aus dem außerordentliche Leistungen wachsen.

Und wie kommt die Universität zu ihren Dozenten? Natürlich bietet sie ideale Rahmenbedingungen und ziemlich viel Geld, wenn auch deutlich weniger als die amerikanischen Top-Hochschulen. Dann heißt es: Ja, die andern bieten mehr, aber wir sind eben Cambridge. Vielen hervorragenden Forschern leuchtet das ein.

Wenigstens ein bisschen von diesen Bedingungen und diesem Geist würde man unseren begabten Studenten und Professoren wünschen. Dann kommen die Nobelpreise von selbst. (Barbara Coudenhove-Kalergi/DER STANDARD, Printausgabe, 17.10.2007)