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Die Erwartungen der Handelsangestellten sind hoch, das macht die KV-Runde heuer schwer. Geht es nach den Arbeitgebern, können sich Mitarbeiter große Gehaltssprünge abschminken.

Foto: AP/Roberto Pfeil
Wien – "Alles, was uns bisher gelähmt hat, ist vom Tisch. Es geht heuer nur ums Geld." Der Handelsgewerkschafter Franz Georg Brantner hat auf seinem Terminkalender bis Ende November elf Tage für Verhandlungen reserviert. Sicher ist sicher, denn diesmal will Österreichs Einzelhandel anders als 2006 keinen Abbruch der Kollektivvertragsrunde riskieren.

Alle arbeitsrechtlichen Forderungen würden im Zuge der Gesamtreform des KV geklärt, die ab 2009 in Kraft treten soll, sagt auch Fritz Aichinger, Verhandler auf Arbeitgeberseite, zum Standard. "Es wird allein das Monetäre besprochen, darauf haben wir uns geeinigt."

Der erste Verhandlungstermin für den Gehaltsabschluss von rund 513.000 Handelsangestellten ist heute. Die Erwartungen der Beschäftigten seien hoch, das mache es schwierig, sagt Gewerkschafter Manfred Wolf. Er wünscht sich deutliche reale Gehaltserhöhungen und verweist auf Umsatzsteigerungen von real 1,7 Prozent im Handel, stärkere Produktivität und höheres Eigenkapital – auch bei KMUs. "Diesmal gibt es tatsächlich Spielraum."

Aichinger sieht darin reines Wunschdenken. Die Schere in der Branche gehe zunehmend auseinander. Vor allem kleine Betriebe stünden unter Druck. Dass die Inflation ein bisschen höher sei, ließe sich nicht leugnen. "Auch unser Umsatz war im ersten Halbjahr besser. Beim Blick auf September und Oktober gruselt es mir aber."

Wolf führt im Gegenzug die gestiegenen Kosten für Mieten und Lebensmittel ins Treffen. Diese Teuerungen für die Mitarbeiter gehörten abgefedert.

Thematisieren will die Gewerkschaft auf jeden Fall Unregelmäßigkeiten bei der Arbeitszeitabgeltung. Ein Drittel aller Überstunden im Handel werde nicht bezahlt – das verlorene Entgelt mache oft bis zu fünf Prozent des Gehalts aus, unterm Strich rund 200 Mio. Euro, sagt der stellvertretende GPA-Bundeschef Karl Proyer.

Viele der Mitarbeiter kämen früher und gingen später. Aufzeichnungen darüber würden schlampig geführt, und der zustehende Zeitausgleich könne nicht konsumiert werden. Besonders dramatisch sei die Situation bei geringfügig Angestellten. Die Hälfte von ihnen arbeite pro Woche mehr als die erlaubten acht, neun Stunden. Ein Drittel stehe sogar 20 Stunden in den Geschäften.

Die Gewerkschaft will sich in dieser Causa nach Kik und Schlecker nun Zielpunkt "näher anschauen". Es habe vermehrt Beschwerden von Mitarbeitern der Lebensmittelkette gegeben, sagt Proyer.

Aichinger wehrt sich gegen Pauschalierungen. Es gehe dabei um Einzelfälle, die vor Ort geregelt gehörten. "Das ist kein Teil der KV-Verhandlungen."

Otmar Körner, weiterer Verhandler auf Arbeitgeberseite, erwartet, dass sich die KV-Gespräche in den November hineinziehen. Das Klima im Vorfeld der Tarifrunde sei jedoch vernünftig. Anders ist die Lage im deutschen Handel: Der Tarifkonflikt dauert seit Monaten an. Am Mittwoch hat die Gewerkschaft zu Streiks aufgerufen. Mehr als 1000 Mitarbeiter legten die Arbeit nieder. (Verena Kainrath, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18.10.2007)