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... durch Märchenwelten: ein leichtgewichtiges Erzählgespinst, das sein spielfreudiges Ensemble rettet.

Wien – Es gab einmal eine Zeit, da war das Filmveröffentlichungsgeschäft noch klar ersichtlichen, jahreszeitlichen Verbindlichkeiten unterworfen: Krach und Komödien im Sommer. Und um Weihnachten herum bitteschön Ernsthaftes, Anrührendes oder gern auch einmal ein Märchen. Jetzt haben wir Mitte Oktober, die Sonne scheint und der eine oder andere Lebkuchen wurde im Supermarkt schon gesichtet. Wo sich klare Strukturen also allerorts auflösen, muss es dann wohl fast zwangsläufig passieren, dass eine Kinofantasie mit der Anmutung eines veritablen Weihnachtsfilms ein wenig vor der Zeit des Festes das Licht der Leinwand erblickt.

Vielleicht liegt das im Fall der britisch-amerikanischen Großproduktion "Stardust – Der Sternwanderer", die Produzent und Claudia-Schiffer-Ehemann Matthew Vaughn inszeniert hat, ja auch daran, dass es hier inhaltlich um verschiedene Formen der Deplatziertheit geht. Nach der Romanvorlage von Neil Gaiman und Charles Vess wird von den Abenteuern eines jungen Menschenmannes namens Tristan (Charlie Cox) berichtet. Ungefähr vor hundert, hundertfünfzig Jahren verschlägt es diesen auf der Suche nach einem originellen Liebesbeweis für eine angebetete Dorfschöne in ein Märchenland.

Vakanz bei Hofe

Dort ist gerade der Königsthron vakant. Die Söhne des Monarchen lösen das Problem auf ihre Weise, bis keiner von ihnen mehr unter den Lebenden weilt. Die einzige Schwester der Prinzen lebt seit vielen Jahren als Gefangene einer Jahrmarktshexe (sie ist die Mutter des jungen Neuankömmlings, was dieser allerdings nicht weiß).

Zu ebendieser Zeit fällt auch noch ein Sternenkind vom Himmel (Claire Danes) – dem wiederum trachtet ein nach ewiger Jugend dürstendes Hexentrio (darunter: Michelle Pfeiffer) nach dem Leben. Zwischen diesen Fraktionen und ihren gegenläufigen Bedürfnissen wird im weiteren der turbulente Verlauf der Erzählung ausverhandelt.

Interessant daran ist, dass für "Stardust" – im Unterschied etwa zu Gore Verbinskis "Piraten der Karibik" und verwandten Unternehmungen der letzten Jahre – trotz allem ausstatterischen (und nicht zu vergessen musikalischen) Bombast noch traditionelle erzählerische Werte gelten: Soll heißen, für das Erfinden von ausgefeilten Dialogen, Wortwitz und Pointen wurde offensichtlich einiges an Energie verwandt. Und die Schauspieler und Schauspielerinnen sind nicht nur Werbezugpferd fürs Plakat, sondern tatsächlich eine Hauptattraktion des Films. (Auch wenn sie manchmal unter Perücken und hinter Masken verschwinden.)

Claire Danes etwa erweist sich einmal mehr als eine der interessantesten Schauspielerinnen ihrer Generation. Und der Film unterstreicht und nutzt ihr mimisches Können unter anderem, indem er sie Szenen ausspielen lässt (und nicht im Schnellverfahren schneidet).

Robert De Niro gibt einen fantasiebegabten Piratenkapitän mit Namen Shakespeare, dessen Schränke ein Geheimnis hüten. Auch diese Performance überrascht, lange hat man De Niro nicht mehr so befreit agieren sehen wie bei diesem Ausflug ins Burleske, bei dem es um fast gar nichts geht.

Wer weiß, vielleicht will ja so ein Hollywoodstar auch ab und zu außer der Zeit ein bisschen Märchenonkel spielen. (Isabella Reicher / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18.10.2007)