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Der eine von zweien: Jaroslaw Kaczynski, Polens Premierminister, hat gemeinsam mit seinem Bruder Lech die rechtskonservative Partei "Recht und Gerechtigkeit" gegründet.

Foto: AP/Czarek Sokolowski

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Donald Tusk Spitzenkandidat der Bürgerplattform, setzt auf die Großstädte und die Akademiker.

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Warschau - Bei der Parlamentswahl in Polen am Sonntag stehen nicht nur Parteien gegeneinander, sondern auch Bürger. Denn die Politiker spalten das Land nicht nur durch ihre Programme, sondern auch ganz gezielt durch ihren Wahlkampf. Während die rechtskonservative Partei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) tendenziell die Bürger im Osten, die Älteren und weniger Gebildeten anspricht, setzt die rechtsliberale "Bürgerplattform" (PO) auf die Großstädte und die Akademiker.

Go West

In ihren Hochburgen sind die jeweiligen Parteien deshalb heute noch stärker als vor zwei Jahren. Die Bürgerplattform (PO) dominiert den Westen: In den Bezirken Poznan (Posen), Gdansk (Danzig) und Katowice (Kattowitz) kann sie mit rund 50 Prozent der Stimmen rechnen. Gleiches gilt für die rechtskonservative PiS von Premier Jaroslaw Kaczynski im Osten - in Rzeszow, Bialystok und Radom. Hart umkämpft sind die Großstädte im Zentrum: Warschau, Krakau und Lodz.

"Die beiden großen Parteien hatten die Wahl: ob sie ihre besten Leute in den für sie weniger aussichtsreichen Wahlkreisen aufstellen - oder in ihren Hochburgen, um dort noch eindeutiger zu gewinnen", sagt der Politologe Ryszard Kessler. In der Regel entschieden sie sich für Letzteres. So tritt der populäre Senator aus der PO Stefan Niesolowski im Wahlkreis Lubuskie an der Grenze zu Deutschland an. Auf der anderen Seite kandidiert die Ministerin für Regionalentwicklung, Grazyna Gesicka, für die PiS im ostpolnischen Rzeszow.

Radio Maryja

Auch die Signale, die die Parteien in der letzten Woche vor der Wahl aussenden, sind eindeutig an bestimmte Wählerschichten gerichtet. Das national-katholische Radio Maryja sei ein "wichtiges Medium, das sich an eine wichtige gesellschaftliche Gruppe wendet", erklärte zum Beispiel Premier Kaczynski am Dienstag in einem Interview für den als liberal bekannten Fernsehsender TVN. Dabei dürfte er sich wohl bewusst sein, dass Radio Maryja mit seiner Anti-EU-Propaganda ein Reizwort für viele liberale Wähler ist.

Ressentiments

"Ich habe den Eindruck, dass die PiS das Land nicht nur geografisch, sondern auch mental spaltet", sagt der Politologe Kessler. Sie bediene ganz bewusst die Ressentiments der weniger gebildeten und weniger weltoffenen Wähler im Osten.

Die Spaltung zwischen "Polen A" (der liberale, reiche Westen) und "Polen B" (der konservative, arme Osten), die vor Jahren in die Umgangssprache überging, werde so noch verschärft, so Kessler. Allerdings unternimmt auch die PO wenig, um etwa die Landbevölkerung von sich zu überzeugen. So berichtete eine Zeitung vor kurzem, dass die PO im Bezirk Wroclaw (Breslau) für Veranstaltungen in Dörfern gerade einmal 200 Zloty (54 Euro) zur Verfügung stelle.

Handy-Mitteilungen

Zuweilen verstärken auch die Bürger selbst die Spaltungen, die von den politischen Parteien vorgezeichnet werden. Vor allem die SMS-Kampagne eines jungen Informatikers sorgte für Aufsehen. Er rief in Handy-Mitteilungen junge Leute dazu auf, sie sollte "der Oma am Wahltag den Pass wegnehmen" - weil die doch ohnehin nur für die PiS stimme. Ein PO-Abgeordneter sprang auf den Zug auf. "Gehe wählen - sonst tun sie es für dich", schrieb er auf ein Banner, das er hinter seinem Auto herzieht und das alte Damen mit Wollhauben abbildet.

Nur eine Partei ist gleichermaßen in allen gesellschaftlichen Gruppen und Landesteilen vertreten: die der Nichtwähler. Wie schon 2005 könnten auch diesmal nur knapp über 40 Prozent der Wahlberechtigten abstimmen. An diesem Phänomen beißen sich nicht nur die Wahlstrategen der Parteien, sondern auch die Soziologen die Zähne aus. Denn eine befriedigende Erklärung dafür gibt es bisher nicht. Vielleicht ist es aber gerade der manipulativ geführte Wahlkampf, der die Menschen abstößt. (Von Florian Kellermann/APA)