Wien - Die gravierenden Mängel bei Heimverträgen, die vom Verein für Konsumenteninformation (VKI) im Auftrag des Sozialministeriums festgestellt wurden, haben ÖVP, FPÖ und Seniorenbund zum Anlass genommen, ihre Forderungen nach einem jährlichen Bericht über die Qualität der Alten- und Pflegeheime bzw. einem "Pflege-Pickerl" zu erneuern. Außerdem warfen die Parteien in Aussendungen Sozialminister Erwin Buchinger Untätigkeit bei der Qualitätskontrolle vor.

Der VKI hat in einer Stichprobenuntersuchung festgestellt, dass Heimverträge durchschnittlich 13 Gesetzesverstöße enthalten. Sozialminister Buchinger bezeichnete das Ergebnis der Untersuchung als "erschütternd", wies aber darauf hin, diesbezüglich laufende Kontrollen "nicht sicherstellen" zu können. Für ÖVP-Sozialsprecher Werner Amon ist die VKI-Untersuchung ein weiterer Grund für einen jährlichen Bericht über die Qualität der Pflege. Immerhin sei es ein "gutes Zeichen", dass Buchinger derartige Zustände als "erschütternd" anerkenne, dieser nehme aber seine Verantwortung nicht wahr, wenn er die laufende Qualitätskontrolle nicht sicherstelle, so der die Kritik Amons.

Khol: Kritik am Sozialminister

Ebenso mahnt ÖVP-Seniorenbund-Obmann Andreas Khol neuerlich zur raschen Einführung einheitlicher und österreichweiter Qualitätsüberprüfungen in Heimen. Das Ergebnis der VKI-Untersuchung müsse selbst den Sozialminister von der Notwendigkeit eines "Pickerls" für Heime überzeugen, das auf der Grundlage von jährlichen Kontrollen vergeben werden solle. Es sei "unverständlich", dass sich Sozialminister Buchinger weiterhin gegen regelmäßige Kontrollen wehre, heißt es vom Seniorenbund.

FPÖ fordert Pflegebericht

Auch die FPÖ hat den VKI-Bericht zum Anlass genommen, einmal mehr einen jährlichen Pflegebericht zu fordern. Die Untersuchung habe gezeigt, dass es massive Missstände in den Heimeinrichtungen gebe, so der Behindertensprecher der Partei, Norbert Hofer. Aber solange Verfehlungen nicht aufgezeigt würden, werde es zu keinen Verbesserungen kommen. Außerdem solle ein derartiger Pflegebericht dem Nationalrat vorgelegt werden, erneuerte Hofer die Forderungen seiner Partei.

Heim-Dachverband weist Vorwürfe zurück

Der Dachverband der Alten- und Pflegeheime weist die Darstellung des Vereins für Konsumenteninformationen (VKI) aufs "schärfste zurück", wonach 25 untersuchte Heimverträge nicht weniger als 305 gesetzeswidrige Klauseln enthalten. Die VKI-Mängelliste sei "zum Teil falsch", und Verstöße würden teilweise wiederholt aufgelistet, hieß es in einer Aussendung von Verbandspräsident Johann Wallner am Freitag, der Sozialminister Erwin Buchinger (S) auch vorwarf, eine "simplifizierend-populistische Rechnung" anzustellen.

Das Sozialministerium habe anscheinend vergessen, dass lange vor dem Heimvertragsgesetz Heime und Ministerium einen Mustervertrag erstellt haben, an den sich "der Großteil der Heime hält", bzw. Juristen beauftragt wurden derartige Verträge zu erstellen. Das Vertrauen vieler Heimträger in das Sozial- und Justizministerium sei "nachhaltig erschüttert", so Wallner, da davon ausgegangen worden sei, dass ein von beiden Ministerien herausgegebener Mustervertrag den Gesetzen genüge.

"Simplifizierend-populistische Rechnung"

Eine "simplifizierend-populistische Rechnung" ist für Wallner etwa der vom VKI kritisierte Gesetzesverstoß bei der Entgeltminderung wegen Abwesenheit, der bei 96 Prozent der untersuchten Heimverträge festgestellt wurde. Denn würden allen Pflegeheimbewohnern bei kurzfristiger Abwesenheit - zum Beispiel im Fall eines Krankenhausaufenthalts - die Pflegepersonalkosten refundiert, würde in den Heimen generell weniger Personal zur Verfügung stehen, was sich wiederum auf alle Bewohner auswirken würde. Das "Prinzip Solidarität" zähle aber anscheinend nichts mehr, so Wallner, der auf grundsätzlich zu wenig Personal in den Heimen hinwies.

"Nationales Qualitätszertifikat"

Vom Sozialministerium hingegen heißt es zu dem Thema Qualitätssicherung, dass es Unterstützung für die Schaffung eines "Nationalen Qualitätszertifikats für Alten- und Pflegeheime" (NQZ) gebe. In einem Pilotprojekt, an dem die Länder Vorarlberg, Oberösterreich, Niederösterreich, Wien und die Steiermark teilnehmen, würden Fremdzertifizierungsverfahren mit dem Ziel entwickelt, einheitliche oder zumindest vergleichbare Qualität der Alten- und Pflegeheime zu erreichen. Das Ministerium hat dabei die "koordinierende Rolle" übernommen und trägt die Kosten für die Ausarbeitung inhaltliche Grundlagen, dafür wurde mit dem Dachverband der Alten- und Pflegeheime Österreichs eine gemeinsame Arbeitsgruppe eingerichtet. Im nächsten Jahr soll das Projekt in die Pilotphase gehen. (APA)