Zwei Drittel des biologischen Obsts und Gemüses werden importiert.

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Wien - Österreichs Landwirte können den steigenden Bedarf an Bioprodukten nicht stillen. Mehr als zwei Drittel des biologischen Obsts und Gemüses werden bereits importiert. Bei Äpfeln sind es gut drei Viertel, sagt Wilfried Oschischnig von der Bio Austria dem Standard. Bei Biomilch ließe sich gerade die österreichische Nachfrage decken. Doch neue Exportaufträge aus Italien müssten abgelehnt werden. Der Plafond erreicht sei auch bei Fleisch.

"Äpfel, Birnen und Trauben sind aus Österreich fast nicht mehr zu bekommen", sagt Stefan Maran, Chef der gleichnamigen Wiener Biokette. Zwiebel müsse er aus Deutschland beziehen, Knoblauch aus China. Auch bei Getreide, vor allem Hafer, gebe es Engpässe.

Biogetreide habe sich heuer um zehn bis 15 Prozent verteuert. Das führe nun zu höheren Preisen bei Teigwaren, bestätigt Hans Daurer, Chef der Al Naturkost, einer der drei führenden Biogroßhändler. Zum Teil fast nicht mehr verfügbar sei die Biobutter, ergänzt Bernhard Schlagnitweit vom deutschen Mitbewerber Dennree.

Steirische Äpfel für Deutschland

Verantwortlich für die Engpässe sind nicht nur weltweite Rohstoffturbulenzen. Biologische Produkte erleben einen anhaltenden Boom. Deutsche Handelsketten ziehen erhebliche Mengen aus Österreich ab, Dennree etwa hat 2006 gut 200 Paletten steirischer Bio-Äpfel in Deutschland untergebracht. Die Exporte an Erdäpfeln steigen. Auch in Österreich kann eine Preisaktion von Lidl und Hofer mit Biogemüse kurzfristig den Markt leerfegen. Er hoffe nur, dass nicht einmal Eduscho die Biokartoffel als Themenwelt entdecke, meint Daurer. "Dann hätten wir ein ernstes Koordinationsproblem."

Knapp 600 Mio. Euro geben die Österreicher heuer für Bio aus, belegt eine neue AC Nielsen-Studie. Das sind 4,4 Prozent des Lebensmittel-Umsatzes. 85 Prozent der Konsumenten greifen laut AC Nielsen gelegentlich, neun Prozent ausschließlich zu Bioware. Und Diskonter stünden dabei klassischen Händlern im Frischebereich um nichts mehr nach.

Allein Rewe will heuer mit der Biolinie "Ja!Natürlich" 223 Mio. Euro umsetzen. Spar berichtet von Umsatzzuwächsen in diesem Bereich von 53 Prozent und hat das Sortiment um 40 Artikel erweitert. Zielpunkt zählt 90 Bioprodukte. Zusätzlich wird die Eigenmarke der Kette, "Viva Vital", ausgebaut.

"Weniger Biobauern"

"Die Schere geht auseinander", sagt Oschischnig. "Denn die Zahl der Biobauern sinkt, der Markt läuft der Agrarpolitik davon." Es seien mehr Anreize nötig, um auf Biolandbau umzustellen. Maran befürchtet hingegen, dass dadurch die Qualität sinkt. "Die Kompromissbereitschaft der Gesetzgeber und Produzenten ist groß."

Skeptisch sind die Österreicher bereits jetzt. 22 Prozent glauben den Angaben zur biologischen Herkunft laut Nielsen nicht. Auch der wachsende Importanteil bremst die Begeisterung: Der Anbau in Ös- terreich sei den meisten wichtiger als der Bioaspekt. Dass im Bioregal mittelfristig überwiegend Österreichisches steht, ist aber unrealistisch. Bei den verarbeiteten Produkten, von Marmelade über Snacks bis zu Schokolade, müssten mehr als die Hälfte importiert werden, sagt Daurer. "Es gibt im Inland einfach zu wenig davon."

Für massive Unruhe in der Branche hat der Einstieg von Lidl bei der Biokette Basic gesorgt. Tenor: Diskont vertrage sich nicht mit der Bioidee. Dennree hat die Zusammenarbeit mit Basic gekündigt. (Verena Kainrath, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20./21.10.2007)