Koffer reparieren, die von den Auschwitz-Opfern übriggeblieben sind: Ryszard Ronczewski in "Am Ende kommen Touristen".

Foto: Viennale
Die polnische Stadt Oswiecim und der historische Ort Auschwitz liegen in unmittelbarer Nachbarschaft zueinander. Und doch sind die Welten dazwischen kaum zu überbrücken - während Oswiecim konkret und alltäglich ist, ist Auschwitz so abstrakt, wie ein leeres Todeslager nur sein kann, und auf fundamentale Weise jenseits jeder Alltäglichkeit. Der Filmemacher Robert Thalheim sucht in Am Ende kommen Touristen nach einer Möglichkeit, diese beiden Welten miteinander zu vermitteln. Er tut dies in Form einer einfachen Geschichte.

Sven (Alexander Fehling), ein junger Mann aus Deutschland, kommt als Zivildiener nach Auschwitz. Ursprünglich hatte er sich nach Amsterdam gemeldet, daraus wurde aber nichts, nun ist er eben in Polen. Er weiß Bescheid über Auschwitz, er weiß das, was viele andere Menschen auch wissen, und er ist nicht der Typ, der sein Wissen durch Demutsgesten oder Respektlosigkeiten überkompensiert. Dazu ist Sven viel zu ruhig und gleichmütig.

Wenn er abends ausgeht, fährt er nach Oswiecim, wo er den Sänger einer Band kennenlernt und die ersten Witze abbekommt: Deutsche und Polen, das ist eine Geschichte, die immer noch weitgehend auf Projektionen und kaum auf Erfahrungen beruht.

Für Robert Thalheim sind diese Klischees das Ausgangsmaterial, um das herum er seine Geschichte entwickelt. Sven hat in seinem Zivildienst nicht viel zu tun. Die meiste Zeit kümmert er sich um einen alten Mann namens Stanislaw Krzeminski (gespielt von dem beeindruckenden Ryszard Ronczewski), der in der Gedenkstätte eine Art Bleiberecht hat und dort Koffer repariert, die von den Opfern des Todeslagers übriggeblieben sind. Sven spricht kein Polnisch, Krzeminski spricht nur dann Deutsch, wenn ihm danach ist - die Kommunikation ist fast durchwegs schwierig und durch Mutmaßungen und Vorurteile geprägt.

Ania (Barbara Wysocka) führt Touristen durch Auschwitz. Eine erste Begegnung mit Sven auf offener Straße ist kurz und verheißt noch nichts. Wenig später aber nimmt er ein Zimmer in der Stadt, und zufällig ist es in der Wohnung von Ania in einem Plattenbau. Zufällig auch ist ihr Bruder, den sie wegen des neuen Untermieters aus dem Zimmer wirft, der Rockmusiker, den Sven schon zu Beginn des Films kennengelernt hat.

Die kurzen Wege, die das Drehbuch nimmt, sind ein Indiz dafür, dass Robert Thalheim das andere Leben außerhalb von Auschwitz auf notwendigste Szenen beschränken wollte. Der introvertierte Sven sieht sich alles genau an und zieht seine Schlüsse. So tendiert in diesem Film, der dem überwiegenden Teil des Publikums nur diese eine Identifikationsfigur lässt, alles zur politisch jederzeit korrekten Kontemplation. (Bert Rebhandl, DER STANDARD/Printausgabe, 20.10.2007)