Nicht nur Material für Häferl: Keramische Bauteile finden sich auch im Handy.

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Sogenannte ferroische Materialien sind in unseren elektronischen Helfern und Begleitern nicht mehr wegzudenken. Ferromagnetische Speichermedien und ferroelektrische Kondensatoren finden sich nämlich in fast jedem elektronischen Gerät im Haushalt, aber auch in der Industrie und im Verkehr.

Auf ferroischen Materialien basierende Keramikbauteile im Einspritzsystem von Dieselmotoren helfen beispielsweise, diese leiser und abgasärmer zu machen und senken den Verbrauch. Winzige Kondensatoren in Mobiltelefonen speichern elektrische Ladung und sorgen für einen intakten Schaltkreis, damit das Handy funktioniert.

Der Begriff "ferroisch" (von lateinisch Ferrum für Eisen) wurde 1969 vom japanischen Physiker K. Aizu geprägt und umfasst die Begriffe ferromagnetisch, ferroelektrisch und ferroelastisch. Und ferroische Oxide wiederum sind bedeutende funktionelle Materialien für eine Reihe keramischer Bauelemente, erklärt Klaus Reichmann.

Der Grazer Chemiker ist der Leiter eines neuen Christan-Doppler-Labors an der Grazer Technischen Universität, das sich mit der Erforschung und Entwicklung von keramischen Hochleistungsmaterialien beschäftigt. Das am Institut für Chemische Technologie Anorganischer Stoffe angesiedelte Labor wurde vergangene Woche eröffnet.

Komplexe Konzepte

Um Grundlagen für zukünftige Anwendungen elektrokeramischer Bauelemente zu schaffen, sind immer komplexere Konzepte und immer tieferes Verständnis der grundlegenden Mechanismen notwendig. "Wollen wir neue Funktionen erschließen, müssen wir verstehen, wie die entscheidenden Eigenschaften mit Materialzusammensetzung, Herstellungsbedingungen und Mikrostruktur zusammenhängen", sagt Reichmann über die Zielsetzung des neuen Christian-Doppler-Labors für ferroische Materialien.

Gemeinsam mit Forschern der TU Wien und in Kooperation mit dem Unternehmen EPCOS in Deutschlandsberg wollen die Wissenschafter an der Grazer TU in den nächsten sieben Jahren die vielversprechenden keramischen Werkstoffe mit breitem Anwendungsspektrum weiterentwickeln.

Der Fokus der Grazer TU-Forscher liegt darin, die Beziehung zwischen der Struktur und den Eigenschaften eines Materials zu ergründen und herauszufinden, wie sich verschiedene ferroische Eigenschaften koppeln lassen. Ihre Kollegen vom Institut für Chemische Technologien und Analytik der TU Wien befassen sich etwa mit atomaren Defekten, die wesentlichen Einfluss auf die Funktionalität eines Materials haben.

Der Unternehmenspartner EPCOS OHG aus dem steirischen Deutschlandsberg ist derzeit der größte Hersteller elektrokeramischer Bauelemente in Europa und übernimmt die Herstellung von Probekörpern sowie die Durchführung von Langzeit-Tests. (APA, tasch/DER STANDARD, Printausgabe, 24.10.2007)