Christian Sommer: "Die leerwerdenden Flächen sind kaum vermietbar - nicht einmal zu Dumpingpreisen. Leider fehlt bisher die Erfahrung mit Refurbishment-Projekten."

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Am 7. November findet in Kooperation mit dem ImmobilienStandard die Verleihung des 6. DIVA Immobilienpreises statt. Die Auswahl preiswürdiger Projekte ist heuer so gering wie schon lange nicht mehr.

DIVA-Geschäftsführer Christian Sommer erläutert im Gespräch mit Gerhard Rodler die Gründe.

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STANDARD: Bei der Vorauswahl hatte es die Jury heuer einfach. Es gibt derzeit nur wenige fertige Büroprojekte. Warum?

Sommer: Bei den Vermietungen ist der Büromarkt in den letzten Jahren sehr zäh gelaufen, zudem wurden in Österreich 2005 und 2006 kaum neue Büroimmobilien begonnen. Die Folge: Den Mietern fehlen die großen zusammenhängenden Neubauflächen, und uns fehlen preiswürdige Projekte.

STANDARD: Offenbar haben die Projektentwickler aus der Vergangenheit gelernt und stützen sich nun auf eine Mindestvorverwertung.

Sommer: Was spekulativ errichtete Bürohäuser betrifft, ist die Zahl an realisierten Projekten stark zurückgegangen. Allmählich kommen die Projektentwickler wieder und beginnen mit der Realisierung all jener Projekte, die davor auf Eis gelegt wurden. Das ist aber um zwei Jahre zu spät.

STANDARD: War es absehbar, dass die Nachfrage nach Büroimmobilien wieder steigen wird?

Sommer: Nein. Außerdem war es eher die Belebung der Konjunktur, die schon seit einiger Zeit überfällig war. Aufgrund der derzeit drohenden Überalterung des Bürobestandes in Wien sind viele Büromieter faktisch gezwungen, sich neue Standorte zu suchen. Allein heuer wird man rund 200.000 Quadratmeter mehr Büroflächen mieten müssen, als baulich fertig geworden sind. Nächstes Jahr wird es für potenzielle Mieter in Wien nochmals enger, was das Angebot an freien attraktiven Neubauflächen betrifft.

STANDARD: Woher sollen denn die vielen neuen Mieter überhaupt herkommen?

Sommer: Es handelt sich dabei vor allem um Unternehmen, deren Objekte nicht mehr zeitgemäß sind und die einen neuen Standort suchen, um effizienter arbeiten zu können. Die OMV hat sich beispielsweise dafür entschieden, unterschiedliche Standorte zusammenzulegen und in ein neues Bürohaus mit entsprechend moderner Infrastruktur zu ziehen, wo man auf weniger Fläche mehr Mitarbeiter unterbringen kann.

STANDARD: Heißt das, dass mit jedem neu vermieteten Büroquadratmeter eine weit größere Fläche frei wird?

Sommer: Richtig. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass vor allem die Großflächenmieter für jeden neu angemieteten Quadratmeter im Schnitt bis zu 1,3 Quadratmeter freimachen. Bei den meisten Übersiedlungen stehen Rationalisierungsaspekte im Vordergrund. Die leer werdenden Flächen, also Häuser, die vor 1980 errichtet wurden, sind kaum noch vermietbar - nicht einmal zu Dumpingpreisen.

STANDARD: Was passiert damit?

Sommer: Das ist bis heute unklar. Es gibt ein großes Defizit an sogenannten Refurbishment-Projekten, wo derartige Büroflächen grundlegend modernisiert werden können.

STANDARD: Sind Refurbishment-Projekte für Investoren tatsächlich so uninteressant?

Sommer: Ich würde sagen, es fehlt bisher die Erfahrung mit diesem Thema, da wir gewohnt waren, entweder Altbauten oder Neubauten zu nutzen. Nun hat sich der Typ des "veralteten Neubaus" entwickelt. Die Projektentwickler müssen für diese neue Herausforderung Mut aufbringen. Nicht zuletzt ist es auch eine Geldfrage. Man muss sich vor Augen führen, dass die tatsächlich erzielbaren Büromieten in Relation immer niedriger werden.

STANDARD: Warum? Büromietverträge haben doch eine Wertanpassungsklausel.

Sommer: Das stimmt. Aber die Relation zwischen Mietzins und wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit eines Unternehmen stimmt schon lange nicht mehr. Die Produktivität steigt, die Büromiete nicht. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20./21.10.2007)