Wien - Der Rechnungshof (RH) sieht die Stromerzeugung in Teilen Österreichs in Gefahr. "Wegen der geringen Transportkapazitäten der Übertragungsleitungen (Hochspannungsleitungen, Anm.) in die Länder Steiermark, Kärnten und Salzburg ist deren Versorgungssicherheit gefährdet", erklärte der Rechnungshof in einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht. Außerdem fordert der Rechnungshof "unter Beachtung der wirtschaftlichen und ökologischen Rahmenbedingungen die zügige Umsetzung der geplanten Kraftwerksprojekte".

Eine weitere Verschärfung der Engpasssituation im Bereich der Hochspannungsleitungen hätte zur Folge, dass die Kapazitäten der drei Nord-Süd-Leitungen an die Stromversorger versteigert werden müssten und dann - durch die teilweise Stromversorgung aus Slowenien und Italien - die Energiepreise "im Süden der Regelzone-Ost" - also in Kärnten und der Steiermark steigen würden. "Die Gefahr einer Unterversorgung mit Strom beeinträchtigt außerdem die industrielle Standortsicherung und die Wirtschaftsentwicklung in den betroffenen Bundesländern", warnte der RH.

Vollendung der Steiermarkleitung

Eine der "dringendsten energie-wirtschaftlichen Aufgaben für die Sicherheit der Stromversorgung in Österreich" ist nach Ansicht der Bundesprüfer "die Vollendung des zwischen dem Burgenland und der Steiermark noch offenen 380-kV-Leitungsringes (Steiermarkleitung) sowie die Verstärkung der bestehenden 220-kV-Sicherheit der Stromversorgung in Österreich Leitungsstrecken von St. Peter in Oberösterreich bis Tauern in Salzburg (Salzburgleitung) auf durchgängig 380 kV". Die geringe Transportkapazität des Übertragungsnetzes hätte die Kärntner Kelag etwa bereits spürbar belastet. "Zur Aufrechterhaltung der Versorgung musste ein Engpassmanagement durchgeführt werden", so der RH. Auch bei der steirischen Steweag-Steg sei es bereits "bei einigen Leitungen zu Engpässen und somit zu einer Gefährdung des Netzes" gekommen.

Bei der Stromerzeugung verweist der Rechnungshof auf die Notwendigkeit neuer Kraftwerksbauten. "Im Fall der Realisierung der bereits genehmigten und eingereichten Kraftwerksprojekte würde nach Ansicht des RH - auch unter Berücksichtigung der beabsichtigten Stilllegung von Kapazitäten - der Zuwachs der Stromerzeugung dem laut der Studie des Wifo bis 2020 zu erwartenden Anstieg des Strombedarfes in Österreich um 7,26 TWh nahezu entsprechen", heißt es im Bericht. Notfalls könne ein höherer Strombedarf aber auch durch zusätzliche Stromimporte aus dem Ausland gedeckt werden, die auch in Zukunft ohnehin notwendig sein würden.

Liberalisierung birgt Risiken

"Ein hoher Eigenerzeugungsgrad gewährleistet keine Unabhängigkeit von ausländischen Strombezügen." Umgekehrt bedeute ein geringer Eigenerzeugungsgrad nicht zwangsläufig eine Gefährdung der Versorgungssicherheit, solange die erforderlichen Mengen von anderen europäischen Erzeugern geliefert werden können und das Übertragungsnetz ausreichende Transportkapazitäten aufweist, so die Schlussfolgerung des RH.

Europaweit zählt Österreich demnach derzeit zu den Staaten mit der geringsten Stromversorgungs-Unterbrechung. Durch die Strommarkt-Liberalisierung hätten sich die Risiken für die Versorgungssicherheit aber erhöht. Investitionen in die Erzeugungs- und Netzanlagen gingen in Österreich insgesamt zurück. "Aufgrund der zum Teil langen Realisierungszeiten und der Langlebigkeit der Infrastrukturanlagen für die Stromversorgung wirken sich Versäumnisse bei der Erhaltung sowie dem Ersatz der Anlagen erst nach vielen Jahren auf die Versorgungssicherheit aus. Demzufolge ist die diesbezügliche Vorsorge langfristig vorausschauend zu betreiben", erklärte der Rechnungshof. (APA)