Es gibt Reizthemen, auf die man in Österreich reflexartig abwehrend reagiert: Neben Transitverkehr und Atomenergie gehört auch Gentechnik dazu. Die EU-Kommission hat am Dienstag grünes Licht bekommen, den Zugang von gentechnisch veränderten Nahrungs- und Futtermitteln nach Österreich zu erzwingen und damit das seit 1999 bestehende österreichische Importverbot für zwei Genmais-Sorten zumindest teilweise aufzuheben.

Österreichs Agrarminister Josef Pröll reagierte pflichtschuldigst mit der beruhigenden Ankündigung: "Österreichs Anbau bleibt gentechnikfrei." Das stimmt, aber: In Österreich wird nur der Anbau von gentechnisch veränderten Organismen verhindert, der Import von gentechnisch behandelten Futtermitteln ist aber, wie in allen EU-Staaten, zugelassen. So kommen bei Futtermitteln auch hierzulande Genzusatzstoffe zum Einsatz. Jährlich werden rund 600.000 Tonnen Soja importiert. Damit werden jene Tiere gefüttert, deren Fleisch von Österreicherinnen und Österreichern gegessen wird.

Es wäre auch hierzulande eine Debatte über Gentechnik notwendig, in der nicht Emotionen dominieren, sondern sachliche Fragen im Vordergrund stehen, etwa, ob Forschungen, die bedrohte Wachauer Marille durch gentechnische Eingriffe zu retten, nicht doch akzeptiert werden sollten.

Die Verantwortung, ob gentechnikfreie Produkte gekauft werden, muss beim Konsumenten liegen. Bei Fleisch, das nur in den seltensten Fällen gekennzeichnet ist, weiß der Verbraucher nicht, ob er tatsächlich ein gentechnikfreies Produkt isst. Gentechnikfreie Nahrung ist eine österreichische Mär, die von Politikern wider besseres Wissen behauptet wird, weil die Mehrheit der Bevölkerung es halt so hören will. Aber die Realität sieht längst anders aus, Österreich ist keine gentechnikfreie Insel. (Alexandra Föderl-Schmid, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 31.10./1.11.2007)