Louis-XV.-Kommode von Roger Vandercruse.

Foto: Wiesinger

Wien - Manche bringen ihr Wertschätzung entgegen, andere müssen sich erst an das bisweilen üppige Erscheinungsbild französischer Möbel des 18. Jahrhunderts gewöhnen. Petra Popp-Wiesinger zieht hierzu gern einen Vergleich aus der Sektion Darstellender Kunst heran: Wer sich noch nie mit Opern beschäftigt habe, den könne Richard Wagners Nibelungen-Ring auch überfordern.

Französische Möbel bedürfen - ähnlich der motivisch oft schwer verständlichen Gemälde Alter Meister - eine intensivere Auseinandersetzung, damit die Qualität des Handwerks, die Liebe zum Detail hinter all den Marketerien und vergoldeten Bronzeverzierungen überhaupt erkannt wird.

Die Kunsthändlerin aus Wels verteilt die Wunderwerke in der ganzen Welt, und ja, auch hierzulande gibt es eine Stammklientel. Für die Präsentation im Rahmen der Messe für Kunst und Antiquitäten in der Wr. Hofburg (Zeremoniensaal, Stand 35) hat sie wieder einiges zusammentragen können.

Den um 1770 von Jean Chrysostome Stumpff ausgeführten Transition-Sekretär wird man nicht mehr bewundern können, den sicherte sich ein amerikanischer Käufer. Zu den Besonderheiten gehörte die allseitige Marketerie, an der Schreibklappe eine aufwändige Ruinenlandschaft in italienischem Stil, die Trumeautüren zierten Trophäen in Form wissenschaftlicher Instrumente, die Seiten opulente Blumenbouquets. An die 80.000 Euro muss für Vergleichbares veranschlagt werden. Noch im Angebot - in einer Preisklasse von 15.000 bis 250.000 Euro - stehen zwei weitere Louis-XV.-Möbel, ein kleines Salontischchen oder die museale, um 1750 von Roger Vandercruse, genannt La Croix, gefertigte Kommode.

"Sie verkörpert die ganze Eleganz und Qualität französischer Ebenisten - und deren Raffinesse, einen Korpus auf zierlichen Beinen so schweben zu lassen", gerät Popp-Wiesinger ins Schwärmen.

Sechsstellige Euro-Beträge sind bei französischer Tischlerkunst eher die Norm denn eine Ausnahme. Das belegen auch jüngste Auktionsergebnisse: Christie's verteilte am 19. Oktober 79 Positionen aus der Sammlung des Pariser Kunsthändlers Steinitz (Umsatz 3,84 Mio. Euro) und reichte darunter ein David Roentgen zugeschriebenes Buero Plat (Louis XVI.) für knapp 156.000 Euro sowie ein Set von vier Wandleuchten Louis XV. um 1750 ausgeführt für rund 127.000 Euro in amerikanischen Privatbesitz weiter. Deutlich tiefer mussten die Käufer im September bei der Offerte des Züricher Auktionshauses Galerie Koller in die Taschen greifen: Ein signiertes (Jacques Dubois) Louis-XV.-Lack-Damenbureau sicherte sich ein französischer Privatsammler für umgerechnet 560.000 Euro.

Für eine Régence-Prunk-Kommode mit Boulle-Marketerie sowie für eine Jacob Desmalter zugeschriebene Prunk-Konsole hatten Schweizer und Deutsche Mitbieter das Nachsehen - für 423.000 bzw. 320.000 Euro wechselten sie ins weit entfernte Emirat Quatar. (kron/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 31. 10. 2007)