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Im Justizpalast hat mit Anfang November die Wiener Ombudsstelle ihre Tätigkeit aufgenommen. Fragen zu Abwicklung von Verfahren und Verfahrensdauer sollen "unbürokratisch" gestellt und beantwortet werden.

Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER
"Heute ist ein wichtiger Tag in der österreichischen Justiz." Harald Krammer, Präsident des Oberlandesgerichts Wien, hieß am Freitag Vormittag Journalisten und Fotografen im Justizpalast willkommen. Der Anlass seiner Freude: die neue Justiz-Ombudsstelle nahm ihre Arbeit auf. Bürger, die sich nicht fair behandelt fühlen, die auf Missstände in der Justiz aufmerksam machen wollen oder Fragen zur Rechtssprechung haben, können sich ab sofort an diese Stelle wenden. "Die Justiz soll dadurch verständlicher werden", fasste Krammer zusammen. Konkret sollen Fragen zu Abwicklung von Verfahren und Verfahrensdauer beantwortet werden. Suchen will man auch den direkten Kontakt zu Richtern, wenn Missverständnisse von Seiten der Beschwerdesteller existieren.

Krammer bezeichnet die Arbeit der neuen Einrichtung als "modernes Beschwerdemanagement", betont aber, dass "die Unabhängigkeit im Vordergrund stehen soll". Die Entscheidungen sollen nach wie vor von den Richtern gefällt werden, so Krammer.

Angst vor "politischem Einfluss"

Diskutiert wurde die Idee einer Justizbeschwerdestelle schon vor einigen Monaten. Die Expertengruppe zur Staats- und Verwaltungsreform hatte den Vorschlag eines Justizanwalts geäußert. Von Seiten der Richtervereinigung, aber auch von Justizministerin Maria Berger, wurde der Vorschlag stark kritisiert. Die Präsidentin der Richtervereinigung, Barbara Helige, sprach von einem "massiven Eingriff in die Rechtssprechung." Ihr Hauptkritikpunkt: Laut Entwurf sollte der Justizanwalt zwar ein Richter - und kein Politiker - sein, aber vom Nationalrat ernannt werden. Dies führe zu verstärktem "politischem Einfluss", so Helige im Juli.

Geeinigt hat man sich nun auf eine von der Justizministerin vorgeschlagene Ombudsstelle, die auch von den Richtern akzeptiert wird. "Im Prinzip passt das jetzt so", sagt Helige auf Anfrage von derStandard.at, "für die Bürger ist das eine gute Einrichtung".

"Ganz unbürokratisch"

Geleitet wird die Wiener Stelle von Richterin Gabriele Fink-Hopf. "Der Telefonverkehr ist schon in vollem Gange", berichtet sie von ihrem ersten Tag als Leiterin der Ombudsstelle, "auch die persönlichen Besuche der Bürger werden demnächst beginnen". An die Beschwerdestelle kann man sich - "ganz unbürokratisch" - telefonisch von Montag bis Freitag von jeweils 8:30 Uhr bis 12:30 Uhr wenden, persönliche Beratungsgespräche finden nach vorheriger Anmeldung statt. Bürger können auch E-Mails schicken, die von den Mitarbeitern der Ombudsstelle beantwortet werden.

Für die Beschwerdestelle wurden im Justizpalast drei Räume umgestaltet. In Zimmer Nummer eins, dem Sekretariat, findet die Anmeldung der Bürger statt. Es folgt ein Wartezimmer, das dem einer Arztpraxis sehr ähnelt. Informationsbroschüren und Zeitschriften liegen auf. "Wir haben ein paar ältere Ausgaben hergelegt", berichtet Präsident Krammer. Er nutzt gleich die Gelegenheit, um die anwesenden Journalisten um gratis Exemplare ihrer Zeitungen zu bitten. "Die Betonung liegt auf gratis", scherzt er. Im dritten Zimmer stehen zwei Schreibtische - hier werden die Anrufe entgegengenommen - und zwei Besprechungstische, wo die "persönlichen Beratungsgespräche stattfinden", erklärt Richter Friedrich Forsthuber, der heute Telefondienst hat.

Ordentlich zusammengeräumt sieht das Büro aus. Auf einem der beiden Besprechungstische liegen die ersten schriftlichen Anfragen schon für die Bearbeitung bereit. Fotos von den Räumlichkeiten gibt es noch keine, bedauert Ronald Rohrer, Vize-Präsident des Obersten Landesgerichtshofs, der gleichzeitig auch der Pressesprecher ist: Man habe die Räume ja erst am Mittwoch eingerichtet.

15 bis 20 Telefonate in der ersten Stunde

Richterin Sonja Thier, ebenfalls Mitarbeiterin in der Beschwerdestelle, berichtet von den Anrufen und E-Mails, die in der ersten Stunde nach Aufnahme der Tätigkeit eingetrudelt sind: "Insgesamt waren es 15 bis 20 Gespräche und etwa genauso viele E-Mails." Die meisten der Beschwerdesteller waren bei ihnen aber nicht richtig. "Ein Herr bat mich um die Prüfung eines Kaufvertrags gebeten", lacht Thier. Für die Zukunft zeigt man sich aber optimistisch und hofft, vielen Bürgern weiterhelfen zu können. "Die Gesprächsmöglichkeiten sind ein großer Vorteil für die Bürger", so Forsthuber.

Krammer lädt die Journalisten zum Abschluss ein, "in vier, fünf Wochen wiederzukommen", wenn sich der Betrieb eingependelt hat. Viel Zeit für die Konzipierung hatte man nicht, das Oberlandesgericht musste schnell reagieren, so Krammer, der bei der Planung der Ombudsstelle vor allem mit personellen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte. Begründen kann er den Zeitdruck mit der Reformfreude von Maria Berger: "Die Ministerin will zeigen, dass die Justiz schnell handelt." (Rosa Winkler-Hermaden, derStandard.at, 2.11.2007)