Entrüstung hat die deutsche Justizministerin Brigitte Zypries mit Entwürfen neuer Überwachungsgesetze ausgelöst. Die SPD-Politikerin trat am Freitag der Kritik entgegengetreten, die anstehende Neuregelung der Telefon- und E-Mail-Kontrolle seien Schritte in den Überwachungsstaat. Der Weg der Kritiker zum Verfassungsgericht nach Karlsruhe gegen die Bestimmungen, die 2008 in Kraft treten sollen, scheint jedoch vorgezeichnet. Kommende Woche kommen die Gesetzentwürfe in den Deutschen Bundestag eingebracht werden.

"So grundrechtschonend wie möglich"

Zypries erklärte, das neue Gesetz zur Überwachung der Telekommunikation solle effektive Strafverfolgung "so grundrechtschonend wie möglich" ermöglichen. Sie solle künftig nur noch bei schweren Straftaten zulässig sein, die Höchststrafen von fünf Jahren und mehr vorsehen. Wenn die Überwachung den Kernbereich privater Lebensgestaltung erfasst, soll diese von vorneherein verboten sein.

Schutz

Bei Berufsgeheimnisträgern solle der derzeitige Schutz nicht nur erhalten, sondern ausgebaut werden. Der bisherige Schutz von Seelsorgern, Strafverteidigern und Abgeordneten bei umfassenden Ermittlungen bleibt danach erhalten. Bis auf die Einbeziehung der Abgeordneten entspreche dies den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe, sagte Zypries. Der Schutz von anderen Berufsgeheimnisträgern wie Journalisten, Ärzten und Rechtsanwälten werde geringer eingestuft, aber in sich ausgebaut: Gegen sie darf künftig "nur nach einer sorgfältigen Abwägung im Einzelfall" durch Abhören ermittelt werden.

Das Bündnis der Medienverbände und -unternehmen und der Virchow-Bund der niedergelassenen Ärzte wehrten sich gegen die Einteilung der Berufsgeheimnisträger in zwei Klassen. Der Virchow-Bund verlangte einen Stopp des Gesetzes in letzter Minute, da es einen "Angriff auf das Arztgeheimnis" darstelle.

Beziehungen zwischen Journalist und Informant gestört

Der Medienbund sah durch die minderen Schutzrechte für Journalisten die Grundrechte angegriffen. Zudem würden die Beziehungen zwischen Journalist und Informant gestört. Damit wäre "ein seriöser, investigativer Journalismus, der auf eine vor äußeren Eingriffen geschützte Informationsbeschaffung angewiesen ist, im Kern getroffen", hieß es. Dem Bündnis gehören die Journalistenverbände DJV (Deutscher Journalisten-Verband) und DJU (Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union bei der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di), der Bundesverband deutscher Zeitungsverleger, der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger, der Verband Privater Rundfunk- und Telemedien, der Deutsche Presserat, die ARD und das ZDF an. (APA)