Die Polizei ermittelt wegen einer Feier des FPÖ-Europaabgeordneten Andreas Mölzer: Der Festredner Herbert Schaller hat behauptet, es gebe keine Sachbeweise für Gaskammern während der NS-Zeit. Die FPÖ will sich von Mölzer dennoch nicht distanzieren.

***

Wien – Die obskure These interessiert nicht nur seine Gesinnungsgenossen, sondern auch die Polizei: Am Dienstag hat der ehemalige Rechtsanwalt Herbert Schaller, der als Verteidiger etlicher Holocaust-Leugner bekannt wurde, selbst die Existenz von Gaskammern während der NS-Zeit infrage gestellt. „Wir ermitteln deshalb und werden die Ergebnisse an die Staatsanwaltschaft schicken“, sagt ein Mitarbeiter des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung.

Aufgetreten war Schaller bei der Zehnjahresfeier des rechten Wochenblattes Zur Zeit, zu der Co-Herausgeber und FPÖ-Europaparlamentarier Andreas Mölzer geladen hatte (derStandard.at berichtete). Bei seiner Festrede behauptete Schaller, dass es „keinen Sachbeweis für Gaskammern in der NS-Zeit“, sondern „nur Zeugenaussagen und Geständnisse“ gebe. Der Anwalt wiederholte damit auf österreichischem Gebiet die Aussage aus seiner Rede in Teheran vom Dezember 2006 – und könnte mit dem Verbotsgesetz gegen nationalsozialistische Wiederbetätigung in Konflikt kommen.

„Eine Anzeige gibt es noch nicht“, erklärt Wolfgang Swoboda, Sprecher der Staatsanwaltschaft Wien. Er rechne aber damit und wies darauf hin, dass es „in diesem Fall keinen Zeitdruck“ gebe, weil „kein Beweis verloren“ gehe. Im BVT wollte man zum Abschluss der Ermittlungen nichts sagen: Man werde „innerhalb der Verjährungsfrist“ bleiben, hieß es lapidar.

Die Staatsanwaltschaft ermittle ohnehin bereits gegen Schaller wegen seines Teheraner Vortrags, bestätigt Swoboda. „Zunächst gab es ein Verfahren in Tübingen, dann wurden wir um Übernahme ersucht.“ Denn: In Deutschland waren Schallers Ausführungen als Druckwerk in Umlauf gekommen.

Dass der Jurist Schaller nun erneut ins Visier der Behörden rückt, ist kein Zufall. Die Liste seiner Klientel (siehe "Advokat im rechten Winkel") liest sich wie ein Ranking prominenter Rechtsextremer: Erst im Vorjahr verteidigte er den britischen Holocaust-Leugner David Irving. Dieser ließ es sich nicht nehmen, bei Mölzers Feier am Dienstag per Videoeinspielung quasi live dabeizusein. In seiner Grußbotschaft nannte er Österreich zur Belustigung des Publikums einen Polizeistaat.

Irving sei „ein Mensch, der jetzt wieder frei ist und auch eine Meinung haben darf“, verteidigt der Zur Zeit-Macher Mölzer die Einladung. Auch seine Parteikollegin Barbara Rosenkranz, die Nationalrätin, saß im Publikum, verließ aber rechtzeitig vor Irvings Grüßen den Saal. Was freilich nichts mit dem Festprogramm zu tun hatte. „Ich musste mich um meine Kinder kümmern“, sagt Rosenkranz. Mit elterlichen Pflichten argumentiert die zehnfache Mutter auch, warum sie gegenüber dem Standard zu Mölzers fragwürdigen Gästen nicht Stellung nehmen will: „Ich bin gerade beim Kochen. Außerdem ist das kein relevantes Thema.“

Keine blaue Kritik

Auch FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky kommt kein Wort der Kritik über die Lippen. Mölzer habe als Zeitungsmann und nicht als EU-Parlamentarier geladen, das Fest sei keine Parteiveranstaltung gewesen. Er selbst habe nicht mitgefeiert, sagt Vilimsky, deshalb könne er auch nicht wissen, was Schaller tatsächlich gesagt habe: „Medienberichte sind ja nicht immer authentisch.“ Ob ihn nicht störe, wenn ein Abgeordneter der FPÖ einem Holocaust-Leugner wie Irving via Videobotschaft eine Bühne biete? „Jeder Historiker soll seine Thesen vertreten“, sagt Vilimsky: „Ich bin keiner, der jemandem Denkverbote vorschreibt.“

Herbert Kickl, zweiter FPÖ- Generalsekretär, will Mölzer ebenso wenig rügen: „Er ist halt einer, der sich als Quergeist auszeichnet.“ Leise Kritik lässt der Parteimanager dann aber doch durchklingen: „Ich hätte den Irving nicht eingeladen. Für mich ist der Mann ein Verrückter.“ (Gerald John/Lukas Kapeller/DER STANDARD, Printausgabe, 3./4.11.2007)