Bild nicht mehr verfügbar.

Das Institut für Energie- und Umweltforschung in Heidelberg bescheinigt dem Bus noch vor der Bahn gute Chancen für den Ausstieg aus dem Dilemma "Klima und Reisen".

Eile bei der Lösung offener Fragen im Bereich des Klimaschutzes ist auch an der hohen Konferenz-Frequenz der UNO-Welttourismus-Organisation (UNWTO) ablesbar. Das Treffen in Davos am 3. 10. endete mit einer appellierenden, freilich nicht verbindlichen Erklärung, bereits am 13.11. will man sich wieder in London treffen, um diese Vorhaben zu konkretisieren.

Überraschungen enthält das Papier nicht, immerhin einige Fakten werden beim Namen genannt: Der Lufttransport sorge mittlerweile für einen fünfprozentigen Anteil an der weltweiten CO2-Emission - Tendenz steigend. Als zielführend sieht die UNWTO daher Klimaschutzprogramme, die den Ausstoß kompensieren.

Ebenso unverbindlich wie auch explizit und neu ist allerdings der Aufruf an die Reiseindustrie, diese Programme aktiv zu unterstützen, also Verantwortung für diesen Anteil zu übernehmen. Gefordert seien allerdings auch die Reisenden selbst, eine Wahlmöglichkeit sieht die UNWTO bei den Reisezielen und bei den Veranstaltern. Das Bezahlen der Kompensation durch ökologisch sinnvolle (Ersatz-) Maßnahmen - etwa Aufforstung - könnten aber auch für den Konsumenten ein gangbarer Weg sein - allerdings zeigt die bisherige Erfahrung, dass solche Programme auch von dieser Seite viel zu selten unterstützt werden.

Auf- und Abrechnen

Das Projekt "Atmosfair" bietet eine derartige, leicht nachvollziehbare Möglichkeit, einerseits die persönlich verursachte Emission zu berechnen, für die man andererseits finanziell aufkommen kann. Konkretisiert man die verursachten Kosten einer Kompensation anhand eines "Klassikers", etwa mit einem Flug von Wien nach Mallorca und retour, kommt "Atmosfair" auf die Summe von 17 €, die ein Passagier für zweckgebundene Klimaschutzprojekte aufbringen sollte.

Einer der wenigen großen heimischen Reiseveranstalter, der bereits aktiv Kompensationszahlungen für seine Fluggäste leistet, ist Columbus Reisen. Allerdings fallen die Berechnungen, vergleicht man sie mit der Kalkulation von "Atmosfair", recht undifferenziert aus: Für jeden Flugreisenden wird ungeachtet der zurückgelegten Distanz pauschal ein Euro - das entspricht in etwa einem gepflanzten Baum - an "Fair Travel" überwiesen, das verschiedene Kompensations-Projekte dann koordiniert. Andererseits entspricht das wenigstens im Ansatz eher der "Davoser Erklärung", die Initiative fordert, als der Praxis großer europäischer Airlines, die an das ökologische Gewissen der Kunden appellieren und freiwillige Zahlungen vorschlagen.

Bus oder Bahn?

Ungeachtet der Kompensationen für den Flugverkehr verfügen Veranstalter wie Columbus Reisen aber auch über direktes Einsparungpotenzial in der Energie- und Klimabilanz: die Busreise. Der Bus wurde selten zuvor so deutlich als "ökologischstes" Verkehrsmittel thematisiert wie durch die Studie des Instituts für Energie- und Umweltforschung in Heidelberg. Die bescheinigt dem Bus doch ein wenig überraschend, aber umso deutlicher einen zwei bis zweieinhalbfach geringeren Primärenergieverbrauch als der Bahn.

Zur Berechnung der Auswirkungen auf den Treibhauseffekt ist das Heranziehen des Energieverbrauchs - gemessen in Dieseläquivalenten - aussagekräftiger als nur die Emission des Verkehrsmittels. Die Stromproduktion für die Bahn hat nämlich bereits vorweg beträchtlichere Emissionen verursacht.

In die Kalkulation miteinbezogen müssen bei der "Wahl zum umweltfreundlichsten Reisemittel" aber auch Faktoren werden, die sich aus dem Reiseverhalten und den Destinationen ergeben. Ist das Ziel einer Flug- oder Bahnreise nämlich kein städtisches mit öffentlichem Nahverkehrsnetz, ist eine Busreise im Vergleich noch einmal deutlich "ökologisch verträglicher", da die letzten Kilometer dann erst gar nicht mit einem eigenen Pkw absolviert werden müssen. (Sascha Aumüller/Der Standard/Printausgabe/3./4.11.2007)