Weimar - Der Berliner Schriftsteller Ingo Schulze ("Neue Leben") hat vor einem zunehmenden Rückzug des Staates und einem zu starken Einfluss der Wirtschaft auf den Kulturbetrieb gewarnt. Der 44-Jährige erhielt am Sonntag in Weimar den mit 6000 Euro dotierten Thüringer Literaturpreis 2007. "Die Tendenz zur Re-Feudalisierung des Kulturbetriebes geht einher mit einer allgemeinen Privatisierung und damit Ökonomisierung aller Lebensbereiche, des Gesundheitswesens, der Bildung, des Sports, des Verkehrssystems, der Wohnungswirtschaft, der Energiewirtschaft bis dahin, dass private Firmen Polizeiaufgaben übernehmen", sagte Schulze in seiner Dankesrede. "Ich fürchte, dass es nur noch ein kleiner Schritt sein wird, bis auch im Auftrag Deutschlands private Militärfirmen zum Einsatz kommen."

Schulze betonte, er habe den von E.ON Thüringer Energie gestifteten Preis gern angenommen, aber dabei auch "einen Zwiespalt" empfunden. "Ich fragte mich, warum das Land Thüringen in seinem Kulturhaushalt nicht monatlich 250 Euro beiseite legt, um dann alle zwei Jahre einen Literaturpreis zu vergeben", meinte der Schriftsteller. Ihn irritiere eine Entwicklung in allen Bereichen unserer Gesellschaft, die uns zunehmend auf solche verantwortungsvollen Chefs angewiesen sein lasse. "Mich stört, dass wir dabei sind, das aufzugeben, was in einem langen Prozess erkämpft worden ist, nämlich dass der demokratische Staat seine Verantwortung wahrnimmt, nicht nur für die Künste."

Der Thüringer Literaturpreis wird alle zwei Jahre vergeben. 2005 wurde er erstmals verliehen - an die Schriftstellerin Sigrid Damm. (APA/dpa)