Der Kontrast in den methodischen Zugängen beim Doppelstudium half der 30-Jährigen, sich auf „behavioral economics“, die verhaltensorientierte Ökonomie, zu spezialisieren. Heute ist sie Assistentin an der Wirtschaftsuni Wien.
Ihr Forschungsprojekt zu TV-Gebühren steht kurz vor dem Abschluss. Die Ökonomie sagt, dass kooperatives Verhalten neben der Strafhöhe von der Wahrscheinlichkeit abhängt, beim Schwarzsehen erwischt zu werden. Psychologische Theorien sagen, dass es mit Moral und erlernten Normen zu tun hat. Evolutionsbiologisch gesehen handeln Menschen kooperativ, wenn viele andere das ebenfalls tun. Ihr Team hat eine Stichprobe österreichischer Haushalte getestet und „den stärksten Effekt durch angedrohte Strafen“ nachgewiesen.
Mit experimenteller Forschung werden ökonomische Theorien im Labor überprüft, „ohne störende Einflüsse“. Die Methode bietet sich in der Mikroökonomie an, wo es um individuelle Entscheidungen und Interaktionen geht. Den Probanden – meist Studierende – werden Möglichkeiten am Computer vorgegeben und das im Labor erwirtschaftete Geld ausgezahlt. Die Psychologie der Finanzmärkte reizt die Neunkirchnerin seit ihrer Dissertation am Max-Planck-Institut in Jena.
Werner Güth, Pionier der experimentellen Wirtschaftsforschung, war ihr Mentor. „Von der Bibliothekarin bis zum IT-Administrator haben sich alle Gedanken gemacht, wie man die Forscher am besten unterstützt. Das war fast schon unheimlich.“ Internationale Gäste gingen ein und aus, und es war viel öffentliches Geld für sozialwissenschaftliche Grundlagenforschung vorhanden. Eine Postdoc-Stelle brachte sie an die Uni Bonn in die inspirierende Umgebung des Labors von Nobelpreisträger Reinhard Selten.
Auch Analysten sind nur Menschen
Finanzmärkte galten lange als das Paradebeispiel für das Funktionieren von Wettbewerbsmärkten, für Effizienz und rationale Akteure. Aber auch Analysten sind nur Menschen. Skandale wie jener in der Bawag sind nicht vorherzusehen, „sonst gäbe es Leute, die mit dieser Vorausschau Geld machen. Die Wurzeln liegen stets in Psychologie und Ökonomie“, so die Forscherin, die selbst langfristige Anlagen mit mäßigem Risiko bevorzugt.
In den Uni-Ferien forscht sie jeden Tag. Am aufregendsten ist für Gerlinde Fellner stets der erste Blick auf die Daten. Während des Semesters gehen 50 Prozent ihrer Aufmerksamkeit in Lehre, Studentenbetreuung und Administration. Experimente gehören auch zu ihrem Unterricht, denn am besten lernt man durch eigene Erfahrung.