Wien - Die von Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky ursprünglich geplanten ambulanten Versorgungszentren, die der Autonomie der Ärzteschaft teils entzogen und einer Bundesbehörde unterstellt gewesen wären, sind also vom Tisch. Daher wollten Österreichs Ärzte am 8. November auch nur informieren, nämlich über "die Gefahr der Verstaatlichung unseres Gesundheitssystems", wie es Ärztekammerpräsident Walter Dorner formuliert.

Dabei liegen die Wünsche der Ministerin und der Ärzte gar nicht so weit auseinander. Auch die Kammer will, dass sich Ärzte in Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) zusammenschließen können. Diese Möglichkeit soll aber eben nur Ärzten vorbehalten bleiben. Krankenhäusern und privaten Unternehmen soll dies, wie in den AVZ geplant, verwehrt werden. Denn dies würde, so die Sorge der Ärzte, zu mehr Konkurrenz führen. Offiziell jedoch argumentiert die Standesvertretung damit, dass durch die von Kdolsky angedachten Ärztegesellschaften "der freie Zugang zur wohnortnahen ärztlichen Versorgung auf dem ökonomischen Altar der zentralen wirtschaftlichen und politischen Steuerung" geopfert würde.

Die Angst, dass private Investoren solche Ärzte-GmbHs übernehmen könnten, sei aber unbegründet, erklärt Julian Hadschieff, Fachgruppenvorsitzender der privaten Kur- und Krankenanstalten in der Wirtschaftskammer und Geschäftsführer der privaten Humanomed-Gruppe, die Ambulatorien und Privatkliniken betreibt: "Das lässt sich ja durch den Gesellschaftervertrag einer GmbH verhindern. Da schreibt man einfach rein, dass nur Ärzte Gesellschafter werden dürfen. Außerdem kann ja niemand in eine GmbH drängen, wenn die Gesellschafter das nicht wollen."

Solche Lösungen gebe es etwa bei vorbildgebenden Instituten seit langem. Die liefen rechtlich als Krankenanstalten, und das funktioniere seit Jahr und Tag. Und außerdem: "Was ist denn ein niedergelassener Arzt anderes, als ein privater Unternehmer? Es ist sogar der einzige pragmatisierte Unternehmer, da er ja einen unkündbaren Kassenvertrag hat", stellt Hadschieff fest.

Die Gründe, warum Ärzte eine GmbH wollen, sind vielschichtig: Zum einen sind es massive Steuervorteile - statt etwa 50 Prozent Einkommenssteuer als Einzelunternehmer wie bisher fielen nur noch etwa 30 Prozent Körperschaftssteuer an. Außerdem hätten sie die Möglichkeit der Vorsteuerabsetzbarkeit bei größeren Investitionen - besonders im Fachärztebereich stellen Labor- und Medizintechnik enorme Unternehmenswerte dar. Und schließlich reduziert die GmbH die Haftung, macht eine Übergabe oder einen Verkauf der Praxis einfacher.

"Keine Angst"

"Die Ärztekammer muss deshalb keine Angst haben, dass die Ärzte nicht mehr Mitglied in der Kammer sind", beruhigt Hadschieff. Die meisten wären eben über die Firma ein Mitglied der Wirtschaftskammer und würden als kleine GmbH nur die Grundumlage zahlen. "Das sind wenige hundert Euro im Jahr." Größere Zentren zahlten mehr, könnten sich das aber auch leisten. Die Ärzte selbst wären dann meist bei der eigenen Firma angestellt und als Ärzte weiter Mitglied in der Ärztekammer. Diese verliere laut Hadschieff also "nicht die Vertretungsbefugnis für die Ärzte". Und die Möglichkeit von Kassenverträgen für die Ärzte-GmbH sei Verhandlungssache mit den Sozialversicherungsträgern, aber kein rechtliches Problem.

Einziges Problem, zumindest für die Standesvertretung: Die Ärzte zahlten in Summe durch die Doppellösung wahrscheinlich weniger Kammerumlage als jetzt - wenn sie sich etwa zum Mindestlohn selbst anstellen. Denn die Ärztekammerumlage orientiert sich am Einkommen aus der ärztlichen Leistung, nicht an den Gewinnen aus etwaigen Firmenbeteiligungen der Ärzte. "Ich denke aber", ist Hadschieff zuversichtlich, "dass es möglich ist, eine vernünftige Lösung zwischen Wirtschafts- und Ärztekammer zu finden, wenn man offen miteinander redet." (von Andreas Feiertag und Martin Rümmele/DER STANDARD, Printausgabe, 9.11.2007)