Union und SPD haben sich in Deutschland auf eine längere Zahlung des Arbeitslosengeldes (ALG) I für Ältere verständigt, aber noch keine Einigung für einen Mindestlohn in der Postbranche erzielt. Dies teilten Vertreter beider Seiten nach mehr als sechsstündigen Verhandlungen der Koalitionsspitzen am frühen Dienstagmorgen in Berlin mit.

SPD-Chef Kurt Beck zeigte sich schwer enttäuscht und warf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor, sie sei bei der Mindestlohnregelung für Briefzusteller von ihrer früheren Zusage abgerückt. Es werde vorerst keinen Mindestlohn bei der Post geben, sagte Beck. Das Briefmonopol werde aber wie geplant zum 1. Jänner 2008 fallen.

Durch die "Verweigerungshaltung" der Union sei die Stimmung in der Koalition nicht besser geworden, sagten Beck und SPD-Fraktionschef Peter Struck. "Ich war geradezu perplex", betonte Beck mit Blick auf die Haltung der Kanzlerin.

CDU/CSU-Fraktionschef Volker Kauder erläuterte, über 58-Jährige sollen künftig 24 Monate Arbeitslosengeld I erhalten. Ab 50 Jahren seien 15 Monate und für über 55-Jährige 18 Monate vorgesehen. Laut Kauder sollen diese Leistungen mit Hilfe von Einsparungen ohne zusätzliche Kosten finanziert werden können. Beck bezeichnete diese Einigung als "großen Erfolg".

Beitrag zur Arbeitslosigkeit sinkt

Überraschend verständigte sich die Runde auch darauf, den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung zum 1. Jänner 2008 deutlich auf 3,3 Prozent zu senken, wie CSU-Chef Erwin Huber mitteilte. Bisher war ein Prozentsatz von 3,5 Prozent ins Auge gefasst worden. Derzeit liegt er bei 4,2 Prozent.

Auch bei der geplanten Teilprivatisierung der Bahn konnte sich die große Koalition wie erwartet nicht auf einen Kompromiss verständigen. Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) werde aber noch in diesem Jahr einen Bericht über mögliche Modelle vorlegen. Laut Beck hält die SPD an ihrem Volksaktien-Konzept fest. Die Union lehnt dieses ab.

Laut Beck verständigte sich die Runde darauf, für Empfänger von Arbeitslosengeld II zusätzlich eine Milliarde Euro zur Verfügung zu stellen. Damit sollen die Anstrengungen intensiviert werden, Hartz-IV-Empfänger schneller wieder in Beschäftigung zu bringen. Zudem sollen 200 Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt aufgebracht werden, um Kinder aus sozial schwachen Familien besser zu unterstützen. Keine Einigung gab es im Streit um eine Schutzklausel für ältere Langzeitarbeitslose, denen vom 1. Jänner 2008 an die "Zwangsverrentung" bevorsteht. (APA)