Konzeptkunst aus Brasilien: Erick Beltráns Universum der Transformationsprozesse und Modelle. Der textliche Bezug zu den Zeichen wurde ausgelöscht.

Foto: tranzitdisplay

Hauptsponsor ist die Erste Bank Group.


Früher ging man zum Tanzen in den Keller. In den Kellerräumlichkeiten in der Prager Dittrichova Nummer 9 war früher ein Tanzstudio untergebracht, heute wohnt hier die Kunst und der Diskurs. tranzitdisplay heißt der Raum, wo künftig nicht nur Ausstellungen, sondern auch Vorträge, kleine Symposien, Workshops und Diskussionsveranstaltungen stattfinden, erzählt David Kulhánek, der gemeinsam mit Vít Havránek, das Programm für tranzitdisplay entwirft. So wird etwa am Freitag der slowenische Philosoph und Kulturkritiker Slavoj Žižek einen Vortrag halten.

Hinter tranzitdisplay stehen ursprünglich zwei Vereine und Projekte: tranzit, dem seit 2002 von der Erste Bank Group – parallel zu ihren verstärkten unternehmerischen Aktivitäten im so genannten "Centrope" – finanzierten Netzwerk von Kulturinitiativen, deren Knüpfpunkte sich eben in Tschechien, Ungarn, der Slowakei und in Österreich befinden und dem Verein display, der einen Ausstellungsraum in einem zentrumsfernen Bezirk Prags unterhielt.

Zeit für eigenen Raum

Die Bedingungen dort waren aber desaströs, erzählt Boris Marte, der seit 2001 für das Corporate Sponsoring der Erste Bank zuständig ist. Nachts habe man die Kunst aus der Galerie immer mitnehmen müssen, weil sich die Räume nicht gut versperren ließen.

Nach Jahren, in denen das Prager tranzit-Büro mehr oder weniger aus dem Computer in Vít Havráneks Dachboden bestand und man nomadenhaft Räume für die Aktivitäten bezog, war es also nun Zeit für den Schritt zur Institutionalisierung, Zeit, "repräsentativer zu werden und größere Mengen an Leuten zu erreichen", erklärt Marte.

300 Quadratmeter, die sich über zwei Etagen unter der Erde eines Wohnhauses ziehen, sind es nun geworden, die sich durch geschickte Eingriffe wie einen Schlauch durchwandern lassen. Ein "White Cube", der durch verschiedene Raumgrößen variable Nutzungen zulässt und der obendrein nicht überrenoviert und überschick wirkt, sondern charmant einige "Spolien" wie etwa eine Lampe aus dem ehemaligen Tanzstudio erhalten hat und – ein wenig verspielt – die WC-Türen in Western-Typographie beschriftet. Am Eröffnungstag schlängelt sich hier ein im Vergleich zu Wien im Durchschnitt um mindestens zehn Jahre jüngeres Kunstpublikum durch und stimmt mitunter lachend in den A-capella-Gesang der jungen Schauspielschüler ein, die auf Einladung David Kulháneks die Räume durchwandern.

Mit 120.000 Euro pro Jahr sponsort das Kunstprogramm der Erste Bank die Aktivitäten von tranzitdisplay. Ohne weitere öffentliche Subventionen und Kooperationen – etwa mit der Universität – würde das kaum für den Ganzjahresbetrieb und den Anspruch, zeitgenössische tschechische Künstler im Kontext internationaler Kunst zu zeigen, reichen. Für die Adaptierung der Architektur und das dort neben einer Personale des brasilianischen Künstlers Erick Betrán ausgestellte Work-in-progress-Projekt Monument of Transformation (u. a. mit Sanja Ivekovic, Milica Tomic, und Keiko Sei) schoss man aber zusätzlich Mittel zu.

Dass tranzitdisplay sich auch andere Partner sucht, begrüßt Boris Marte: "Die Wirtschaft ist ein guter Partner, aber sicher nicht ewig." Dafür sei die Wirtschaft viel zu "volatil". Dass man sich inhaltlich vollkommen heraushalte, sei eine wichtige Bedingung, um den öffentlichen Auftrag zu erfüllen: Es gehe eher um "bleibende Werte für die Region".

Zum Tanzen geht man nun nicht mehr in den Keller. Für die zur Eröffnung gehörende Musik-Performance (Andreas Neumeister, Boris Ondreicka, Franz Pomassl) wechselte man in ein Café-Provisorium an der Moldau: 70 Versionen von Joy Divisions Love will tear us apart. Ein Konzept, das sogar die schönsten Lieder der Popgeschichte zerstört. (Anne Katrin Feßler aus Prag / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15.11.2007)