Auch Rudi Katzers Küche riecht so. Aber Katzer weiß das nicht. Weil man sich an Gerüche gewöhnt – und der 54-Jährige ist WG-"Urgestein". Katzer lebt seit dem Beginn der "Rosa Lila Villa" im unübersehbaren, an der Wienzeile situierten Wiener Zentrum der politischen Lesben- und Schwulenbewegung. Und die "Villa" wird dieser Tage 25 Jahre alt: "Manchmal", lacht der ehemalige Architekturstudent an der Bildenden, "überlege ich, wie man hier einen Stiegenlift einbaut." Und manchmal, setzt er nach, kommt ihm der Gedanke, dass das einmal vielleicht mehr als Koketterie werden könnte: "Früher hätte ich nie daran gedacht, hier alt zu werden."
Aber früher, weiß der heute im Theaterbereich aktive Villa-Senior, war vieles anders – auch anders, als das die Legende heute nahelegt: Klar, die "Villa" entstand 1982 im Hausbesetzer-Umfeld. Nur war "Hausbesetzen" in Wien immer anders als in Hamburg, Zürich oder Kreuzberg: "Die Sozialdemokratie wollte befrieden und hat Häuser zur Verfügung gestellt", erzählt Katzer. Und die Alternativszene beriet, wer wann und wo als Nächster einziehen dürfe. "Als es mit einem Haus, in dem Schwule und Lesben ein Stockwerk bekommen hätten sollen, nicht klappte, fiel die Wahl eben auf die Villa."
Abrisshütte
Freilich: Damals, 1982, war das heute schmucke Haus bei der Pilgramgasse ein Abrissobjekt. Es gab Pläne für einen Garagenbau. Aber unter der Bedingung, das Haus zu sanieren, überließ die Stadt die Ruine für 30 Jahre den Homosexuellen. Katzers damaliger Freund zog ein. Katzer war zunächst Mitbewohner und bezog dann ein freies Zimmer. "Eigentlich nur vorübergehend." Mittlerweile sind 25 Jahre vorübergegangen.
25 Jahre, in denen das Haus Antlitz (1987 wurde generalsaniert) und Bewohner (zehn Menschen können in den drei WGs wohnen) mehrfach wechselte, als Institution aber Kontiuität wahrte: Man ist Anlauf- und Infostelle ("Lila Tipp" für Frauen, "Rosa Tipp" für Männer) und Szenebeisl ("Café Willendorf") – und zeigt Flagge. Auch wenn die Transparente außen den Retro-Charme der 80er versprühen: Selbstbewusste Sichtbarkeit ist nach wie vor ein Thema, erklärt Claudie Goutrié.