Wien - Kulturministerin Claudia Schmied und VP-Kultursprecher Franz Morak sind sich über die Novelle des Künstlersozialversicherungs-Gesetzes einig. Nach der Evaluierung durch den Sozialrechtsexperten Wolfgang Mazal liegt ein Maßnahmenpaket vor, das nun in Begutachtung geht. Vor allem für Künstler mit niedrigem Einkommen stelle diese Novelle eine Verbesserung der sozialen Situation dar, wird Schmied in einer Aussendung des Ministeriums zitiert.

Die von Schmied bei ihrer Bestellung heftig kritisierte Einkommensuntergrenze, wegen deren Unterschreitung bisher jährlich etwa 700 Künstler die Zuschüsse aus dem Fonds zurückzahlen mussten, wird nicht abgeschafft, sondern ist Gegenstand einiger Modifikationen, ebenso wie die Regelungen zur Rückforderung selbst. Eine grundsätzliche Änderung betrifft die Verwendung der Zuschüsse, so sollen sie künftig nicht nur für die Pensionsversicherung, sondern auch für die Kranken- und Unfallversicherung eingesetzt werden können. Eine Maßnahme, die vor allem denjenigen zu Gute kommt, die aufgrund der geringen Höhe ihres Einkommens und des daraus resultierenden Pensionsversicherungsbeitrags nicht den gesamten Höchstzuschuss ausnutzen konnten - ihnen stehen für Kranken- und Unfallversicherung künftig zusätzliche Zuschüsse bis zur Höchstgrenze zur Verfügung.

Grenzen und Gründe

Dass die Mindesteinkommensgrenze nun entgegen Schmieds ursprünglichen Plänen nicht abgeschafft wird, hat laut Ministerium verfassungsrechtliche Gründe, weil damit der "Gleichheitsgrundsatz des Sozialversicherungsrechts" gefährdet wäre. Für diejenigen Kunstschaffenden, die bisher weniger als 4.093 Euro pro Jahr - und damit zu wenig - verdient haben, wird stattdessen der Kreis der Einkünfte, die zum Mindesteinkommen dazugerechnet werden, erweitert. So werden Stipendien, Preise und Einnahmen aus unselbstständiger künstlerischer Tätigkeit unter der Geringfügigkeitsgrenze künftig miteinbezogen, zusätzlich soll eine Aliquotierung bei unterjähriger Tätigkeit möglich werden - wer nur wenige Monate im Jahr arbeitet, dessen Untergrenze wird entsprechend heruntergesetzt.

Auch bei der Obergrenze gibt es Änderungen: Statt jährlich derzeit 19.621 Euro wird sie künftig kein fixer Betrag mehr sein, sondern das 60-fache der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze (derzeit 341 Euro) betragen - aktuell also eine Steigerung auf 20.469 Euro. Wer Kinder hat, darf mehr verdienen: Pro Kind, für das Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, wird die Grenze noch einmal um das sechsfache der Geringfügigkeitsgrenze erhöht.

Beurteilung der "Lebenssituation"

Der Fall, dass ein Künstler, weil er zu wenig verdient hat, seine Zuschüsse zurückzahlen muss, wird also auch künftig möglich sein. Um "Härtefälle" zu vermeiden, hat der Fonds nun allerdings zusätzliche Gründe, auf die Rückzahlung im Einzelfall zu verzichten. Die "Lebenssituation" des Künstlers soll in Zukunft in mehreren Aspekten beurteilt werden: Einerseits werden "nicht nur wirtschaftliche, sondern auch soziale Komponenten berücksichtigt", etwa eine längere Krankheit, andererseits soll nicht nur die "aktuelle Lebenssituation, sondern auch die Lebensverhältnisse in jenem Jahr, in dem die Einkommensuntergrenze nicht erreicht wurde", in die Rückzahlungs-Beurteilung einfließen. Auf Rückzahlung kann außerdem verzichtet werden, wenn die Einnahmen - ohne Abzug der Ausgaben - des Künstlers die Mindestgrenze erreichen.

Nach Schätzungen des Fonds könnten mit diesen Maßnahmen etwa 90 Prozent der Rückforderungen abgefangen werden, hieß es aus dem Ministerium. Die im Juli vom Kulturrat vorgeschlagenen zwei "Jokerjahre" und die fünfjährige Toleranzfrist, in denen das Mindesteinkommen unterschritten werden darf, seien daher nicht notwendig. Eine grundsätzliche Änderung betrifft die Höhe der Rückzahlungen: Statt des gesamten Zuschusses muss künftig nur jener Betrag zurückgezahlt werden, um den die Grenzen über- oder unterschritten wurden.

Mit der Einführung einer Berufungskurie für jeden einzelnen künstlerischen Bereich, die über die Eignung der Kunstschaffenden für den Fonds entscheidet, wird einer weiteren langjährigen Kritik seitens der Künstler begegnet.

Reaktion der Grünen

Bei den Grünen ruft die Novelle gemischte Gefühle hervor. Es sei vollkommen unverständlich, warum die Einkommensuntergrenze nicht ersatzlos gestrichen wird, befand der Kultursprecher der Grünen, Wolfgang Zinggl. Die vorgesehenen Modifikationen für die Mindesteinkommensregelung würden einen dermaßen großen bürokratischen Aufwand bedeuten, dass es effektiver gewesen wäre, auf die Regelung ganz zu verzichten, kritisierte Zinggl. Kunstschaffende würden durch die "magischen 4000 Euro" Mindesteinkommen wieder "in die Rolle des Bittstellers gedrängt und müssen auf eine kulante Auslegung des einzelnen Härtefalls hoffen."

Zinggl äußerte aber auch "vorsichtiges Lob": Andere Vorschläge, wie die Ausweitung der Zuschüsse auf Kranken - und Unfallversicherung, seien "definitiv begrüßenswert". (APA)