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Foto: AP/Paramount Pictures
Wien – Das Christentum brauchte eine Weile auf seinem Weg vom Mittelmeer bis an die Ränder der Welt. In Dänemark waren im 6. Jahrhundert noch immer nicht alle Dämonen in Bann, deswegen gab es am nördlichen Meer erhöhten Bedarf an Helden. Abhilfe kam in Gestalt von Beowulf, der es in die Weltliteratur schaffte, weil er zuerst einen Quälgeist namens Grendel und später einen fliegenden Drachen besiegte.

Das Stabreimepos von Beowulf ist den Engländern, was den Deutschen ihr Nibelungenlied ist – eine Chronik aus der wilden Zeit vor der Zivilisation. 1999 brachte der irische Dichter Seamus Heaney eine Nachdichtung des alten Werks heraus, die sich unvermutet gut verkaufte und nebenbei auch dafür sorgte, dass bei dem Welterfolg von Peter Jacksons Filmtrilogie Der Herr der Ringe nicht ganz vergessen wurde, dass schon J.R.R. Tolkien sein mythisches Mittelerde nicht ganz aus der eigenen Fantasie geschöpft hatte.

Wenn US-Regisseur Robert Zemeckis (Who Framed Roger Rabbit oder zuletzt: The Polar Express) nun also Die Legende von Beowulf ins Kino übertragen hat, ist dies in gewisser Weise auch eine Rückkehr zu den Quellen – mit neuester digitaler Technik. "Performance Capture" nennt sich das Verfahren, bei dem menschliche Darsteller gefilmt werden, das Material dann aber in die Rechner eingespeist und gründlich damit weitergearbeitet wird.

In diesem Fall bekommt dadurch zum Beispiel Angelina Jolie endlich den Körper, auf den sie auch tatsächlich schon immer hinarbeitet – makellos, ja beinahe abstrakt, reines Geschlecht ohne jeden Charakter. Sie steht hinter der weiblichen Hauptfigur in Die Legende von Beowulf, einer feuchtbiotopischen Dämonin, die in Grendel einen missgestalteten Sohn hat, bald aber selbst den Kampf mit Beowulf aufnimmt.

Barbarenromantik

Das Drehbuch zum Film stammt von Roger Avary, bekannt aus dem Umfeld von Quentin Tarantino, und von dem Comics-Autor Neil Gaiman (Sandman), von dem es auch eine Kurzgeschichte mit dem Titel "Baywolf" gibt (auf Deutsch erschienen in dem Buch Die Messerkönigin). Sie haben den alten Stoff modernisiert, ihn aber nicht postmodern seiner Stachel und Speerspitzen beraubt.

Der Film braucht ein wenig, bis er sich aus der Barbarenromantik befreit, und der erste Kampf von Beowulf gerät hart an den Rand der Selbstparodie: Nackt kämpft der selbsternannte "slasher" gegen das Schmuddelmonster, wie in entschärften Pornos bleibt das Gemächt aber zufällig immer hinter einem Helm, einem Schwert, einem Schenkel unsichtbar.

Danach wird Beowulf (dem Ray Winstone als Vorlage diente) zum König gekrönt, sein Vorgänger (dessen Ausgangsmaterial Anthony Hopkins bildete) springt recht unvermittelt von der Burgzinne. Der deutlich bessere zweite Teil des Films betreibt ein wenig Heldendemontage – aber um welchen Preis? Den der Dämonisierung des ewig Weiblichen. Dagegen war das Christentum dann tatsächlich fortschrittlich – bis zu den Hexenverfolgungen. (Bert Rebhandl, DER STANDARD/Printausgabe, 17./18.11.2007)