Den Begriff des Hörbuchs ernstgenommen und als Experiment verwirklicht hat das Kölner (nach einem Umzug bald: Berliner) Label supposé, seit Jahren Garant für die gewitztesten Beiträge im noch jungen Medium der besprochenen CD (www.supposé.de). Wochenlang zog sich supposé-Gründer Klaus Sander mit dem Frankfurter Autor Peter Kurzeck und einem Aufnahmegerät in eine leere Wohnung zurück.

Der Roman als reiner Sprechakt, nichts Geringeres, war Ziel der selbstauferlegten Einsperrung. Nach dem Vorbild der improvisierten Vortragskunst der schwarzen Blues-Sänger, die Peter Kurzeck in den 60er-Jahren in Hessen gehört hatte, entsteht der weitverzweigte Plot des Hörbuchs unmittelbar aus dem Erinnern und Erzählen heraus, folgt den im Sprechen wiedererstandenen Bildern, Personen und Anekdoten. Zentrum der rund fünfstündigen Erzählung Ein Sommer, der bleibt ist das Dorf Staufenberg, in dem der Autor seine Kindheit und zugleich die frühen Jahre der Bundesrepublik erlebte.

In der zur Literatur sich verdichtenden Erinnerung zerfließen auch die herkömmlichen Grenzen von Privatheit und Fiktion vor dem Ohr des Hörers dieses Originaldokuments akustischer Literatur. In der Spontaneität des Sprechakts scheint es der Dorfbewohner Kurzeck zu sein, den wir als Kind erleben. Und doch ist es, wie Marcel Prousts Marcel, auch hier ein literarisches Alter Ego, dem wir durch die Gassen und Wiesen folgen. Wenige Wochen nach seinem Erscheinen wurde Ein Sommer, der bleibt bereits mit hymnischen Kritiken bedacht, von Denis Scheck in der ARD gar zum "Buch des Monats" erhoben. Das gewagte Experiment ruft nach Fortsetzung. (cia, ALBUM/DER STANDARD/Printausgabe, 17./18.11.2007)