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Grafik: Archiv
Ausrangierte Computer, alte Drucker und Radios - vermeintlich harmloser Elektroschrott wird der kleinen Priscilla zum Verhängnis. Die zwölfjährige Kenianerin lebt in einem Armutsviertel, das an eine der größten Mülldeponien Afrikas grenzt. In ihrer Nachbarschaft türmen sich Elektroabfälle aus aller Welt. Und es sind diese Müllberge, die das Blut von Priscilla und Hunderten anderen Kindern mit Blei und anderen Schwermetallen vergiften. Die Behörden haben die Bedrohung lange ignoriert und sehen erst allmählich ein, dass sie etwas unternehmen müssen.

Müll

Dandora ist die bei weitem größte Mülldeponie in der Hauptstadt Nairobi. Jeden Tag laden Lastwagen 2.000 Tonnen Abfall ab, unbehelligt von behördlichen Kontrollen. Hier türmen sich ausrangierte Drucker und Computer, ein Meer von Plastikflaschen und -säcken, Radios und Autobatterien. Aber auch Krankenhausabfälle wie Ampullen, Spritzen und Infusionen liegen verstreut auf der Erde herum. Nach einem Bericht der Umweltorganisation "Blacksmith Institute" gehört die Deponie am Stadtrand neben einer Bleimine in Sambia zu den zwei am stärksten verschmutzten Orten des Kontinents.

Gesundheit

Die Anrainer leiden nicht nur unter dem Dreck, auch ihre Gesundheit ist bedroht: Nur zehn bis fünfzehn Prozent der Kinder im Umkreis sind laut "Blacksmith Institute" gesund, rund eine Million Anrainer in den Elendsvierteln sind bedroht. Das Blut Hunderter Kinder in der Umgebung der Mülldeponie ist mit Blei verseucht. Sie leiden häufig unter Atembeschwerden, wie eine im Oktober veröffentlichte Studie des UN-Umweltprogramms (UNEP) ergab. Bei Priscilla wurde ein Bleiwert von 19,9 Mikrogramm pro Deziliter gemessen. Der internationale Grenzwert liegt bei zehn Mikrogramm. Ihre Schule im Korogocho-Slum sei oft von einer Wolke umhüllt, berichtet das Mädchen. "Jedes Mal, wenn so eine Wolke von der Mülldeponie kommt, muss ich husten."

Gefahr

Njoroge Kimani, Autor der UNEP-Studie, wundert das nicht. "Elektroschrott enthält viel Blei, Quecksilber und Kadmium, was giftig wirkt", erklärt der Biochemiker. Kinder nehmen das Blei auf, indem sie die giftigen Dämpfe einatmen oder einfach Dinge vom Boden aufheben. Mit Sorge beobachten Umweltschützer, dass Elektroschrott aus den Industriestaaten nach Kenia und in andere afrikanische Länder "abgeschoben" wird - weil das billiger ist, als ihn zu verarbeiten. Dabei wird die Tatsache ausgenutzt, dass es in dem afrikanischen Land keine funktionierende Abfallbeseitigung gibt. Das Problem betrifft aber nicht nur Kenia.

Deckmantel

Richard Kiaka Dimba von der Umweltorganisation "Eco-Ethics International" kritisiert, dass Industriestaaten ihren Elektroschrott häufig sogar unter dem Deckmantel der Wohltätigkeit entsorgten. Gebrauchte Computer würden als Spenden nach Afrika geschickt, bis zu 20 Prozent davon seien aber unbrauchbarer Schrott. "Es kommen zu viele Computer und es fehlt ein Konzept, wie man mit Elektroschrott umgehen soll", bestätigt Tom Musili, Direktor der Entwicklungsorganisation "Computer für Schulen in Kenia". Er plant nun, den Rechnerschrott wieder in die Geberländer zurückzuschicken.

Schandfleck

Dass der 30 Hektar große Müllhaufen Dandora in Nairobi ein Schandfleck ist, hat auch die Regierung Kenias mittlerweile erkannt. Sie ist auf ein umweltfreundliches Image bei den Millionen Touristen bedacht, die jährlich in Kenias Nationalparks strömen. "Die Beseitigung der industriellen, elektronischen und restlichen Abfälle läuft nicht gut genug", räumt Benjamin Langwen von der Umweltbehörde ein. Bessere Kontrollen würden angestrebt. Bis dahin werden die Lastwagen aber weiter täglich ihre giftige Ladung in Priscillas Nachbarschaft ausschütten. (APA)