Schnell von hinten: die Kawasaki ZX-R6 ist schnell.

foto: sulzbacher

Während meine Schulkollegen zum Kung-Fu- und Judo-Training gingen, versuchte ich immer, meine Mutter davon zu überzeugen, dass mir viel lieber ist, sie bringt mir stricken bei als sie macht meine Handwerks-Hausaufgabe für mich.

Wenn im Fernsehen Kung-Fu-Filme liefen, verfluchte ich den Sender, weil ich viel lieber die Sendung mit der Maus gesehen hätte. Während sich Jungs in meinem Alter ihre Zimmerwände mit Bruce-Lee-Postern verzierten, werkte ich daran, Samantha Fox möglichst lebensgroß an der Zimmerdecke über meinem Bett zum Schweben zu bringen. (Natürlich nur aus wissenschaftlichen Motiven. Eh klar… mfgux ;-)

Folglich stieg ich denkbar unbedarft auf die erste Ninja. Das einzige, was ich mit Kampfsport verband, waren Kinder, die in Erwägung, ihr Pausenbrot eines Tages vor mir in Sicherheit bringen zu können, so taten als ob.

Jetzt ist Kawasaki aber nicht grad dafür bekannt, so zu tun als ob. Und martialisch klingt Ninja schon, sonst hätten die Schüttler, die mir in der Schule nie ihre Jause abgeben wollten, nicht versucht, durch diese Bezeichnung ihren Gegner einzuschüchtern.

Wenn man dann so auf der Kawa-Ninja sitzt, tut das gleich von Anfang an anders als damals auf dem Schulkollegen-Ninja. Und ich meine nicht nur, dass man bei der Kawa den Lenker in den Händen hat und beim Schulfreund nur zwei Büschel Haare. Und nein, ich mein auch nicht, dass man am Herbert sitzend gleich einmal mit beiden Knien am Boden kratzt. Ich meine vor allem den Klang. Ist die Kawa angestartet, winselt sie nicht um Gnade. Sie schreit förmlich nach Gas. Es ist ein forderndes "Gemma’s an!" statt eines "Bitte nicht, oder ich sag es der Lehrerin!".

Ich bin’s zuletzt im Driving Camp Pachfurth angegangen. Dort hab ich die Ninja im Herbst nicht nur durch das Fahrtraining mit der Rüttelplatte bugsiert. Klar war ich auch zwischendurch für ein Hatzerl mit den anderen Teilnehmern zu haben. Den Rundkurs abgesteckt und schon geht es los. Wer immer sich traut, darf.

Ist schon herrlich, wenn du neben dir ein Motorrad voll in die Gabel gehen siehst, du selber aber nicht einmal ans Bremsen denken musst. Und in der Kurve liegt die Ninja, dass es ein Traum ist. Selbst Bodenwellen in Schräglage sind einfach zu dafahren. Klares Feedback vom Fahrwerk macht sich auch in Form von Abstand zum Gegner am Kurvenausgang bemerkbar.

Beim Beschleunigen gibt es auf dem engen Kurs sowieso nie ein Problem. Wenn du mit über 8.000 Touren aus der Kurve kommst, dann schöpfst du quasi schon aus dem Vollen. Die marschiert! Die maximale Leistung liegt erst bei 14.000 Umdrehungen. 125 PS! Mit Ram-Air, also bei höheren Geschwindigkeiten, sind es sogar 131 Pferde.

>>>Der Herr Tourenfahrer

Ja, stimmt, man muss schon ein bisserl drehorgeln. Das haben 600-er so an sich. Aber mich stört das nicht. Was nutzt mir ein blubbernder Tausender-Boxer-Motor, wenn die kleine grüne Ninja Kreiserl um mich fährt? Eben.

Und dann kommt ein Herr Tourenfahrer auf mich zu und sagt: "Geh, da kannst ja gar nicht g’mütlich drauf sitzen!" Ja, Herr Tourer, das stimmt. Die Ninja ist aber meiner bescheidenen Meinung nach auch nicht dafür gemacht, dass man gemütlich drauf sitzt. (Dafür gibt’s Sofas. Mfgux… ;-) Die Kawa ist dafür gemacht, dass man sich auf ihr bewegt, dass man mit schleifenden Kniepads ums Eck kommt und, wenn man ganz ein Lustiger ist, im Drift vollstreckt.

Auch wenn die ZX 6 R nicht zum Spazieren fahren gemacht ist – ich nötige sie dennoch dazu. Pachfurth – Wien. Drei Bundesländer in wenigen Minuten. Teils gebückt, teils halbwegs normal sitzend. Autobahn, Landstraße, Ortsgebiet. Und als Draufgabe arg am Quirl drehend im Driving Camp. Die Kawa hat genau nie eine schlechte Figur gemacht.

Das Fahrwerk passt zum sportlichen Fahren abseits der Rennstrecke – und auf dem Rundkurs lässt sich das Fahrwerk durch ein paar Klicks einfach anpassen. Die 41-mm-Upside-Down-Gabel sowie das Uni-Trak-Zentralfederbein sind stufenlos in Druck- und Zugstufendämpfung verstellbar. An der Gabel kann man auch die Federvorspannung justieren.

131 PS und 66 Nm machen aus der Ninja eine echte Kämpferin, die dank gutem Fahrwerk auf sicheren Füßen steht und mit den fein dosierbaren, aber gut zupackenden Bremsen jede Menge Energie wie in nichts auflösen kann.

Größter Vorteil der Kawa-Ninja gegenüber einem echten Ninja ist aber: Die Kawa kann man ordentlich herumprügeln, ohne dass einem hinterher etwas weh tut. (Text: Guido Gluschitsch, Fotos: Martin Sulzbacher, derStandard.at, 22.11.2007)

Guido Gluschitsch ist Redakteur beim Motorradmagazin.