Wien - Über die Gefahrenlage im Tschad gibt es im Verteidigungsministerium offenbar unterschiedliche Ansichten. Während in einem Verschlusspapier die Lage als "nicht ruhig und nicht stabil" und "die Bedrohung für die Eigenen" als "hoch" eingestuft wird, bleibt Verteidigungsminister Norbert Darabos bei seiner Aussagen, wonach die "Lage stabil" sei, wie er im Gespräch mit der APA sagte.

Strategische Weisung

In einer 40-seitigen militärstrategischen Weisung vom Anfang November heißt es laut APA-Informationen hingegen, dass "die Lage nicht ruhig und nicht stabil" und "die Bedrohung für die Eigenen hoch ist". Die Lage sei von innerethnischen Auseinandersetzungen mit "Bürgerkriegscharakter" geprägt. Die EU-Truppen seien zwar nicht das eigentliche Ziel, die Parteinahme Frankreichs für die tschadische Regierung und Präsident Idriss Deby "birgt die Gefahr einer direkten Involvierung der EUFOR in die bewaffneten Auseinandersetzungen und somit führt dies zu einer Parteistellung der EU-Friedenstruppe".

Als zusätzliche Ausbildungsmaßnahmen für die Soldaten werden darin "Verhalten in Geiselhaft und bei Verschleppung" sowie "Verhalten bei Kindersoldaten" genannt. Die zu errichtende Infrastruktur sei grundsätzlich "auf Basis Zelt" zu planen. Nutzwasser sei "Engpassgut", vertragliche Leistungen und bilaterale Abkommen seien derzeit nicht vorhanden. Offiziell wurde die Versorgung ausschließlich aus eigenen Mitteln damit begründet, dass man der armen ansässigen Bevölkerung nichts wegnehmen wolle.

Stufe 3

Auf die unterschiedlichen Aussagen zur Gefahrenlage im Tschad angesprochen, verwies Verteidigungsminister Darabos auf Berichte des Heeres-Nachrichtenamts und der EU, in denen der Einsatz in einer Skala von 1 bis 5 mit 3 eingestuft werde. Das entspreche auch seinen Angaben, wonach sich der Tschad-Einsatz zwischen Afghanistan (auf der Skala 4 bis 5) und Kosovo (Stufe 2) bewege. Auch der Kommandant der Mission, der irische Generalmajor Pat Nash, habe im Gespräch mit ihm die Lage als stabil bezeichnet, so Darabos. "In diesem Punkt deckt sich meine Meinung nicht mit dem Papier", bekräftigte der Minister seine Haltung. Darüber hinaus würden die Verfasser des Papiers selbst schreiben, dass es im Tschad bisher keine Angriffe auf ausländische Soldaten gegeben habe und das auch so bleiben solle. Dass von einer hohen Gefahr die Rede ist, sei "in Richtung der Sensibilisierung der Kräfte so verfasst worden".

Darabos wies auch die Befürchtung einer direkten Involvierung der EUFOR in die bewaffneten Auseinandersetzungen durch die Parteinahme Frankreichs zurück. Er verwies darauf, dass die Hilfsorganisationen, die die Flüchtlinge im Tschad betreuen, die EU-Mission begrüßen würden. Die NGOs sehen den Einsatz als Unterstützung ihrer Arbeit mit der Einschränkung, dass die Soldaten die Lager nicht betreten, sondern für Sicherheit zwischen den Camps sorgen.

Pilz verlangt Offenlegung

Der Grüne-Sicherheitssprecher Peter Pilz hat eine Offenlegung des Verschlusspapiers verlangt. Pilz vermutet, dass Verteidigungsminister Norbert Darabos möglicherweise das Parlament "hinters Licht geführt hat". Die Sitzung des Hauptausschusses, in der die Opposition die Entsendung österreichischer Soldaten in den Tschad abgelehnt hatte, fand am 9. November statt und damit am gleichen Tag, mit dem das Verschlusspapier datiert sein soll.

Wenn das stimme, habe der Minister "das Parlament falsch informiert", heikle Informationen verschwiegen und sich damit "die Zustimmung im Hauptausschuss erschlichen", verwies Pilz im Gespräch mit der APA auf "Skepsis bei der ÖVP" vor der Abstimmung. (APA)