Evelyn Fürlinger ist einer der Köpfe von monochrom. Die Muse und Essay Verifying Engine (Korrekturen aller Art) im Interview mit Barbara Tinhofer und Birgit Tombor .
monochrom ist medienmogulerie. der verein zur förderung der selektiven rezeptionsforschung im sinne futurologischer belange. staatlich geprüftes rhizom. holpernd herb, erbärmlich fett, drall. unschwer erkennbar. wir sind keine sekte, wir sind eine bewegung. www.monochrom.at dieStandard : Wann und wie war Dein Einstieg bei monochrom? EVE : Seit März 1999 bin ich mitdabei. Anfangs wars nicht so leicht. Wahrscheinlich hat es nichts damit zutun, aber ich war erstens eine Frau, zweitens die Freundin von Johannes und überhaupt jemand, der dazugekommen ist und einfach gesagt hat: "Ich will was machen - Was kann ich tun". Und SO war das niemand gewohnt. dieStandard : Du bist die einzige Frau, die im engsten Kreis von monochrom mitarbeitet. Als Muse und EVE, der Essay Verifying Engine, ehemals Näherin. Wie kam es zu diesen Pseudonymen? EVE : Am grossen monochrom Konglomerat waren immer auch Frauen beteiligt, in erster Linie textuelle Geschichten und Bilder für die monochrom Printissue. Da wurden immer schon Frauenthemen behandelt. Aber ich bin sozusagen die erste Frau, die sich im Inner Circle engagieren wollte und jetzt drin ist. Also auch Verantwortung für Organisation und sowas übernimmt. Es ist ursprünglich Johannes Grenzfurthners und Franky Ablingers Ding, und das seit acht Jahren. Später kam dann Harald List dazu. Alle Jungs hatten ihre Bezeichnungen. Johannes war der Souverän des Universums (mittlerweile: Ende der Nahrungskette), Franky Ablinger der Herr sieben Weltmeere, Harald das goldene Kalb und im Zuge dessen hab ich mich fürs Alias Muse entschieden. dieStandard : Die Muse auch deshalb, weil du eine Frau bist? EVE : Sicher. Aber "Muse" bezeichnet eigentlich mehr als ich bin. Und andererseits weniger. Mehr deshalb, weil monochrom auch ohne mich Ideen hatte und hat, und weniger, weil ich kein "Wesen" bin, das bloß inspiriert, sondern ich arbeite auch tatkräftig mit. Ich steh´ mit beiden Beiden fest am Boden. Jetzt. Anfangs hatte ich noch keinen Fixplatz in der festen Konstellation von monochrom und wußte oft nicht, ob ich gebraucht werde. Oder geschätzt! Aber ich habe mir die Bestätigung erkämpft. Nicht unbedingt als Frau in einer "Männerwelt", das wäre zu hoch gegriffen. Es war ein Prozess von drei, vier, fünf Leuten, die Projekte wie Filme, Aktionen oder Webzeug machen wollten, sich zusammenzuraufen. dieStandard : Welche Aufgaben hast du? EVE : Neben der Muse war ich auch die Näherin. Nur kurz. Ich habe für unsere BBC-Fake-Dokumentation "Gonna Go Mars" über die erste Marslandung die Kostüme genäht. Ich hatte absolut keine näherischen Ambitionen, war aber so stolz auf meine tolle Leistung, dass ich gesagt habe: "Und Näherin bin ich aber auch!" Mittlerweile hab ich das Attribut Näherin gegen EVE - Korrekturen aller Art getauscht. Das trifft´s voll. Ich bin diejenige, die alle Texte für die Edition Mono korrekturliest, Texte aus dem Englischen und Französischen übersetzt -oder umgekehrt- und die als einzige Frau in den endgültigen Entscheidungsprozess eingebunden ist. Und ich habe mein Talent entdeckt: Ich halte die Lesungen gemeinsam mit Johannes. Damit habe ich auch einen festen Platz bei monochrom. dieStandard : Du bist auch Darstellerin in den monochromfilmen. EVE : Da hab ich mich gesteigert! Der Patriachatfilm war einer meiner ersten Drehs. Ich war ewig am Grinsen. Wenn ich ihn heute seh´, denke ich mir: "Können wir den nicht nochmal drehn´!?" Ich hab dazugelernt. Ich bin weit davon entfernt, eine Schauspielerin zu sein, aber ich habe mich an die Kamera gewöhnt. monochrom ist ja auch ein weites Experimentierfeld. Wir versuchen ja, die verschiedensten Medien zu nützen und stossen da immer auf Neuland. Das ist gut so. dieStandard : Wie arbeitet ihr an den Filmprojekten? EVE : Wir haben eine Liste mit Ideen, die nach unten offen ist. Keine Drehbücher, das Ganze ist im Prozess. Wenn wir eine Kamera und die Leute haben, suchen wir uns eine Location und drehen das Ding. Vorort reden die Leute mit, wie die Szene besser gemacht werden könnte. Wer dort ist, leistet Beiträge. Bei manchen Filmen ist eine längere Vorbereitungszeit notwendig, wie auch beim "Patriachat fernhalten". Requisiten mitnehmen, die Location, in dem Fall die Remise sondieren, auf einen halben Tag Dreh einstellen. Auf der Diagonale wurden wir echt für unsere rasche Arbeitsweise kritisiert. Die Leute haben es einfach nicht kapiert, dass man in zwei Tagen eine Idee entwickeln und filmisch darstellen kann, ohne gleich dilletantisch zu sein. Unsere Filme sind zwar Low-Budget, aber nicht dilletantisch. Das letzte Wort hat Johannes. Er schneidet das Material. Es wird über Verbesserungen diskutiert, was mittlerweile leichter geworden ist, weil Johannes Änderungen offener gegenübersteht als früher. dieStandard : Hast Du Deine eigene Ästhetik einbringen können? EVE : Bei den Auftritten bin ich schon sehr spontan. Das hat es derartig vor mir nicht gegeben. Harald und Johannes haben sehrwohl gesungen und improvisiert, aber meist nicht stantepede. Bei der mono-Release-Party im rhiz hab ich es zum ersten Mal versucht mich ohne Rückendeckung dem Publikum zu stellen. Mit suizidalem Mut habe ich "Wuthering Heights" von Kate Bush gesungen, ganze drei Minuten lang. Selbstlob stinkt zwar, aber angeblich habe ich den größten Szenenapplaus des Abends gekriegt, nicht meiner Stimme wegen, sondern wegen meiner Bühnenpräsenz. Ansonsten trag ich meine Texte und Collageteile zusammen und speise sie in die Edition monochrom ein. dieStandard : Bist Du bei der Auswahl der Artikel-Themen auf Frauenthemen festgelegt? EVE : Komischerweise habe ich den einzigen lange Artikel, den ich für monochrom gemacht habe, über ein klassisches Frauenthema geschrieben: Abtreibung, in Asien allerdings. Es war mir ein Anliegen, darüber zu schreiben, und ich werde auch weiterhin über solche Themen schreiben. Gibt´s denn eine Frau, die sich nicht für so spezifische Themen interessiert? dieStandard : Welche Projekte würdest Du gerne umsetzen? EVE : Massgeblich bin ich an "Ars in der Manege" beteiligt, das wird jetzt Anfang September in Linz stattfinden. Untertitel ist Artisten/Sphären/Kongruenzen. Sagen wirs mal so: Mit ARS IN DER MANEGE versuchen eine reflexiv-satirische Auseinandersetzung mit dem Kunstbetrieb, dessen Mechanismen, der Provinzialität mancher Festivals, dem KünstlerInnensubjekt, dessen Auflösung. Wir haben einen fiktiven Künstler namens Georg P. Thomann "designt". Der wurde 1945 geboren. Wir haben 50 A4 Seiten Biografie für Thomann geschrieben und so nützen wir Thomann als Projektionsflaeche für unsere Kritik. Thomann ist übrigens 82 Kilo schwer und schwimmt in einem Aquarium herum und ist mit Psychotests aus Illustrierten behängt. Verwirrt? Nun ja. Schaut auf die Homepage ( www.monochrom.at/arsindermanege ) und kommt Anfang September in Linz vorbei. Für die Podiumsdiskussionen sind etliche Leute geladen - und natürlich auch Frauen.*Grins* Die Thomann Biografie liegt auf www.monochrom.at/thomann . Ein wirklich grosses Projekt wird eine Lese-Tournee durch Deutschland mit Johannes und mir (und zwei befreundeten Autoren aus Deutschland, Gerd Dembowski und Marvin Chlada) sein, also eineinhalb bis zwei Stunden Lesung von interessanten, amüsanten Texten, die abwechselnd präsentiert werden. Mit Geplänkel zwischendurch, klar. Infotainment, aber keineswegs Kabarett. Das wollen wir nicht hören. Das funktioniert gut. Andere Projekte sind schon umgesetzt, wie der Film "Gonna Go Mars". Der Präsident der Vereinigten Staaten in "Gonna Go Mars" ist übrigens weiblich und heisst Angelica-Lynn Kirkpatrick. Das bin ich. Die monochrom Film Site ist übrigens: www.monochrom.at/monofilm/ Da kann frau unsere Werke auch bestellen. Zwei Kassetteneditionen haben wir bis jetzt. Und das sind ja 130 Minuten (!) und je 150 Schilling. Einfach ein Bargain. Eines unserer neuesten Projekte im monochrom Gewebe ist zum Beispiel die Aktion "Scrotum gegen Votum" ( www.monochrom.at/s-g-v ). Das ist im wesentlichen ein Bezug auf die - naja sagen wir mal - eigenartige "Titten gegen Rassismus"-Aktion von www.katsey.org , es ist einfach eine Stellungnahme zu aktuellen Widerstandsding. Deshalb ist "Scrotum gegen Votum" auch eine "Eingetragene Widerstandsmarke". Klitzekleine Kritik an gewissen Institutionen. Es geht uns da um den Umgang mit dieser Widerstandskultur. Genauswo wie damals mit "Radikal heller als 1000 Sonnen" ( www.monochrom.at/1000sonnen-radikal ). dieStandard : Wie finanziert ihr euch? EVE : Wir suchen bei den diversen Stellen um Filmförderung an, die uns zeitweise mal zehn, mal zwanzigtausend Schilling zugestehen. Prinzipiell leben die Projekte aber nicht von Förderungen, deshalb spüren wir die budgetären Schwächungen regierungswegen nicht so direkt. Wir haben uns immer durchgeschlagen und werden´s weiterhin so schaffen. Wir rechnen auch nie damit, dass wir Förderungen kriegen. dieStandard : Ist monochrom offen für neue Inputs, für Ideen Außenstehender? EVE : Natürlich. Naja. Also für Kunstkunst nicht. Kunstkunst machen und dann monochrom draufschreiben geht nicht durch. Keine Galeriestücke, das wäre ja noch schöner. Wir bevölkern derzeit eine eigenartige Nische, was die eigenartige Wirkung hat, dass wir sowohl in der Kunstszene als auch in der Fanzine oder Alternativszene wirklich positiv rezipiert werden. Wir versuchen eben andere Zugänge zu finden, andere Herangehensweisen. "Bruchlinien", wie das so trendy heisst. Danke fürs Gespräch. Edition mono bestellen : Ichmaghaben@monochrom.at Stückpreis für fette 260 Seiten: 150 ATS ("pro Seite weniger Schilling als für ein Wurstradl")