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Weingut Novi Bric (1998-2002)

FOTO: APA / ATELIER PODRECCA

Wien - Den Wiener Ringturm kennt Architekt Boris Podrecca intim. Der 1940 in Belgrad geborene Architekt, der in Laibach und Triest aufgewachsen ist, hat im Zuge der Sanierung dieses von Erich Boltenstern errichteten Vorzeigebaus der 1950er Jahre nicht nur die Repräsentationsräume im 20. Stock und das Foyer, sondern auch die als Ausstellungszentrum verwendete ehemalige Kassenhalle umgestaltet. Dort wird nun von 23. November bis 18. Jänner in der Reihe "Architektur im Ringturm" eine von Michael Grossmann und Adolph Stiller kuratierte Podrecca-Personale gezeigt.

Spezifische Antworten

Bauten und Bauvorhaben aus acht Ländern werden auf rund 60 mit Farbfotos, Entwurfszeichnungen und Erläuterungen bedruckten Ausstellungsfahnen und in einigen Architekturmodellen präsentiert. Rund 40 Prozent der Projekte, die Podrecca von seinen Büros in Wien, Stuttgart und Venedig aus betreut, befinden sich im europäischen Osten. "Ich bin Triestiner, ich spreche sieben Sprachen. Ich habe nie Schwierigkeiten, mich wo zurechtzufinden", meinte der Architekt, der den Begriff Zentraleuropa dem Begriff Mitteleuropa vorzieht ("Da denkt man gleich an Kaiser Franz Joseph. Die Habsburger sind aber nicht meine Schiene.").

In Venedig, Triest und Bozen, an der dalmatinischen Küste Kroatiens und in Neapel, in Belgrad und Slowenien, in Wien, der Steiermark, München oder Limoges baut Podrecca, hier weiß er genau, auf welche Traditionen und welches soziale und geschichtliche Umfeld er sich bezieht. Für jemanden, dem der Begriff des kontextuellen Bauens wichtig ist ("Es gibt keine Formel. Es gibt immer spezifische Antworten auf spezifische Fragen.") und deshalb individuelle und nicht stets wiedererkennbare Bauten errichtet ("Damit bin ich schlecht gefahren, weil ich nie eingekastelt werden konnte.") ein wesentlicher Umstand. "Dubai brauche ich nicht. Und in Shanghai war ich gerade. Es gibt selten einen Ort, an dem man so schlecht baut. Es ist nur Esperanto und Globalisierung. Das ist mir zu wenig, um ein emotionales Substrat zu finden."

Neapels U-Bahn und Moscheenträume

Im Zentrum des Raumes steht ein Modell für den Neubau der Landesdirektion der Wiener Städtischen Versicherung (Podrecca: "Die Wiener Städtische ist ein Elefant, ich bin eine Ameise") und der Donau Versicherung, den der Architekt in Graz realisiert. Das Eckgebäude, dessen Baubeginn in Kürze erfolgt, hat Podrecca als zwei sich übereinanderschiebende Baukörper geplant, quasi Mutter und Tochter, eng verbunden. Versicherungsgebäude sind aber nur ein kleiner Teil seiner Arbeit: Hochhäuser und Wohnbauten, Schulen und Hotels (eben hat er einen Wettbewerb für ein Hotel im Bereich des Wiener Südbahnhofs gewonnen), Forschungszentren wie das Vienna Bio Center oder Platzgestaltungen hat er ebenso geplant wie ein Autohaus oder ein Weingut. Museen sind ein wesentliches Thema für ihn: Sein Umbau der Ca' Pesaro in Venedig erregte Aufsehen, in Limoges errichtete er ein Porzellanmuseum, in Belgrad baut er gerade ein Museum für Wissenschaft und Technik. In Neapel ist er einer von zwölf Architekten, die an der viel beachteten Errichtung der U-Bahn-Linie 6 ("Das größte Verkehrsprojekt Europas") mitwirken.

Angesichts der Fülle von verschiedenen Projekten - gibt es eine Bauaufgabe, die sich Boris Podrecca noch wünschen würde? Der Architekt hat eine Antwort parat: "Was ich noch gerne machen würde, ist eine Moschee. Nicht, um unbedingt eine Moschee zu bauen, sondern weil ich gerne eine große Überdachung realisieren würde, einen thermische Luftdecke, einen aufgeblähten Frosch." (APA)