Thomas Scharf: Betriebskosten wirken doppelt.

Foto: STANDARD/Newald

Josef Schmidinger: US-Krise hier nicht vorstellbar.

Foto: STANDARD/Newald
Wenn sich in Ländern wie Spanien oder Großbritannien die Immobilienpreise innerhalb von fünf Jahren verdoppeln, dann wird nicht nur der Wohnraum für jüngere Familien unerschwinglich. Auch die Inflation wird stark beschleunigt.

Die durch verschiedene Instrumente der Wohnpolitik gebremste Wohnkostenentwicklung in Österreich dämpft hingegen den Anstieg des Verbraucherpreisindex (VPI) und trägt so insgesamt zu einer Stabilisierung der Konjunktur bei, betonten mehrere Referenten auf der Wohnwirtschaftlichen Tagung.

Rückkoppelung

Eine interessante Rückkoppelung konstatierte Thomas Scharf, Geschäftsführer der Gesellschaft für Stadtentwicklung und Stadterneuerung (GSG). Wenn Mieten oder Betriebskosten steigen, steigt der VPI, was wiederum die an den Index gekoppelten Mieten erhöht. Die in den vergangenen Jahren beobachtete "Dynamisierung der Betriebskosten" hat dadurch eine doppelte Auswirkung auf Wohnkosten.

Trotz jüngster Steigerungen liegt Österreich mit einem durchschnittlichen Wohnkostenanteil am Haushaltseinkommen von 19 Prozent immer noch deutlich unter dem EU-Schnitt von 23 Prozent, sagte Scharf mit Bezug auf Zahlen von Wolfgang Amann.

Entscheidend für die relativ moderaten Wohnkosten ist eine starke Neubautätigkeit, die einer preistreibenden Verknappung des Wohnungsangebots entgegenwirkt und außerdem für Arbeitsplätze und Einkommenssteigerungen sorgt. Ohne die Wohnbauförderung, waren sich alle Referenten einig, würde in Österreich weit weniger gebaut werden.

Wettbewerbe bremsten Baukosten

Ein weiterer Faktor, der in den vergangenen Jahren vor allem in Wien die Bau- und damit die Wohnkosten gebremst hat, waren neben der Wohnbauförderung die Bauträgerwettbewerbe, betonte Dietmar Teschl, Senatsrat der MA 50. Von deren Einrichtung im Jahr 1994 bis zum Jahr 2003 sind Baukosten im geförderten Wohnbau nicht gestiegen. "In vergleichbaren Städten liegen die durchschnittlichen Wohnungskosten um mindestens 50 Prozent höher als in Wien", sagte Teschl. Dies sorge nicht nur für sozialen Frieden und stärke die Kaufkraft, sondern sei auch ein entscheidender Faktor für Betriebsansiedelungen im Wiener Raum. Auch zur hohen Lebensqualität, ein weiterer wichtiger Ansiedelungsfaktor, trage die Wohnpolitik entscheidend bei.

Josef Schmidinger, Generaldirektor der s Bausparkasse, verwies auf die Bedeutung des Wohnungssektors für den Vermögensaufbau, die Altersvorsorge und den Transfer von Leistungen an die jüngere Generation, etwa durch Eintrittsrechte im Mietenbereich und Hofübergaben bei Bauern.

Strukturelle Unterschiede

Einen entscheidenden Einfluss auf Wohnkosten spielt laut Schmidinger die Zinsentwicklung – allerdings nicht in jedem Land gleich. Während in den USA der Anstieg der Zinsen seit 2004 zu dramatischen Folgen im Immobilienmarkt geführt hat, vor allem im aggressiv beworbenen Subprime-Sektor, habe in Österreich das Zusammenspiel von Wohnbauförderung und dem System der Wohnbaubanken (WBB) die Erhöhungen deutlich abgefedert. Schmidinger: "Ohne Wohnbauförderung und Refinanzierung durch die WBB wäre die Steigerung der Mieten um 50 Prozent höher ausgefallen."

Zwar sei auch Österreich indirekt von der amerikanischen Subprime-Krise betroffen, meint Schmidinger, aber "aufgrund der strukturellen Unterschiede der Wohnbaufinanzierung ist eine ähnliche Krise in Österreich nicht vorstellbar." Und dass Österreich von Immobilien-Preisblasen wie in Spanien verschont bleibt, mache die Steuerung der Konjunktur deutlich einfacher. (ef, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23.11.2007)