Vom "Sandler bis zum Generaldirektor" kommen sie alle, beschreibt Melitta Nisor (46) vom ältesten Wiener Würstelstand "Leo" ihre Kunden. Etwa 200 besuchen sie täglich an der Ecke Nußdorfer Straße/Währinger Gürtel, sei es nun auf einen Plausch oder einen schnellen Imbiss.Die gebürtige Freistädterin und Mutter einer 16-jährigen Tochter hat schon einige Berufswechsel, von der Blumenbinderin bis zur Angestellten in der Automobilindustrie, hinter sich. Über einen Bekannten kam sie zu dem Job am Würstelstand, davor habe sie "alles ein bissl probiert". Jetzt sei sie entschlossen, bis zur Pension nicht mehr den Beruf zu wechseln.

Seit sieben Jahren arbeitet sie nun im "Leo", das meiste Geschäft werde in der Nacht gemacht. Nisor selbst übernimmt jedoch derzeit meistens die zwölfstündige Tagesschicht. Geschichten sammeln sich zu jeder Tageszeit an. Wie die eines zahlungsunwilligen Studenten, der sie wüst beschimpfte oder "einigen unangenehmen" Betrunkenen.

Ein Kunde habe ihr auch gedroht, er würde die "Sondereinheit" rufen – er konnte sich nicht daran erinnern, eine Burenwurst verspeist, geschweige denn sie nicht bezahlt zu haben. An "so richtig Kurioses" jedoch könne sie sich nicht erinnern, die meisten Kunden seien redselig und angenehm, verteidigt Nisor die Ehre derselben. Sein eigener Chef sein und unabhängig arbeiten zu können, sind für sie die größten Vorteile dieses Berufs. Ihre eigentliche Chefin sieht sie nur einmal in der Woche, für den reibungslosen Ablauf, vom Semmelkauf bis zur Kundenbedienung, ist Nisor während ihrer Schicht selbst zuständig. Vor zunehmender Konkurrenz, wie etwa dem Kebabstand vis-à-vis, habe sie keine Angst, Nisor vertraut auf die Standhaftigkeit ihre Kunden: "Wer wirklich Gusto auf ein Würstl hat, der wird auch eins essen." (Hannah Tiefengraber/DER STANDARD, Printausgabe, 23.11.2007)