"Klassiker des deutschen Stummfilms"
noch bis 10. Jänner in den Breitenseer Lichtspielen
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Foto: STANDARD/Corn
Wien - Ohne große Worte Tore wie am Fließband schießen - das wäre die Erlösung von Josef Hickersberger. Was seinem Team bisher nicht zu gelingen scheint, schaffen die Breitenseer Lichtspiele und Gerhard Gruber spielend. Am Wochenende begleitete der Pianist im Rahmen der "Klassiker des deutschen Stummfilms" auch den Streifen "König der Mittelstürmer" (1927). Noch bis Jänner werden zahlreiche Stummfilm-Vorführungen im vielleicht "ältesten noch bespielten Kino der Welt" stattfinden.

Sehr zahlreich sind die Besucher nicht, für die Gerhard Gruber den laut Lichtspiel-Chefin Anna Nitsch-Fitz ältesten Fußball-Film der Welt 95 Minuten lang am Piano interpretiert. "In Deutschland wäre die Vorstellung ausverkauft", stellt Nitsch-Fitz gegenüber der APA fest, doch hier in Österreich sei der Stummfilm vernachlässigt worden. Obwohl das Filmarchiv oder das Filmmuseum Events zu diesem Thema anbieten, fehle es an öffentlichem Bewusstsein. Für den folgenden Streifen des Abends allerdings sind beide sehr zuversichtlich. Auch wenn viele Fritz Langs "Metropolis" (1927) nicht gesehen hätten, so sei dieser den Meisten ein Begriff.

So ist es auch: Kaum hat sich das Publikum des Mittelstürmers verabschiedet, füllt sich der Kinosaal, an der Kassa hat sich eine Schlange gebildet. Unzufrieden oder gar unmotiviert war Gruber während seines ersten Auftritts jedoch keineswegs. Auch mit Fußball-Bildern könne man Musik machen: "Entweder man geht mit, oder die Leute gehen", scherzt der Pianist, der sich seit den 1980er Jahren dem Stummfilm verschrieben hat und regelmäßig im Österreichischen Filmmuseum, dem Filmarchiv oder bei der Diagonale zu Gast ist.

Ganz ohne Noten spielt er, und so bleibt auch jede seiner Stummfilmbegleitungen einzigartig. Ein kulturelles Ereignis sind Stummfilmabende für ihn, abseits von Popcorn, Handygeklingel und Surround-Sound, und da sieht er sich als Bindeglied zwischen Film und Publikum, sagt Gruber. Sein Anliegen ist es, "die Bilderwelt des Stummfilms nicht unterzugehen zu lassen." Und da könne man auch vor kleinerem Publikum spielen. Also stimmt auch hier die Binsenweisheit, dass Qualität wichtiger ist als Quantität? - "Das ist es, absolut."

Bis zum 10. Jänner werden teils mit Live-Piano noch einige interessante Streifen geboten, wie etwa "Die Büchse der Pandora" (1929), "Der Student von Prag" (1926) oder der österreichische Film "Cafe Elektric" (1927) mit Marlene Dietrich. Seit dem Start der Stummfilmreihe Mitte September sei der Andrang bedeutend größer geworden, viele "Wiederholungstäter" aller Altersklassen säßen in den Vorstellungen, zeigt sich Gruber zufrieden. Das bekanntlich älteste Kino Wiens bietet dazu einen sehr guten Rahmen. "Wir sind vielleicht sogar das älteste Kino der Welt", betont Nitsch-Fitz stolz. So hätte die "Süddeutsche Zeitung" im September geschrieben, das älteste noch bespielte Kino der Welt sei 1907 in München eröffnet worden. "Die Breitenseer Lichtspiele gibt es aber schon seit 1905!" (APA)