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Frankreichs Präsident Sarkozy mit Chinas Präsident Hu Jintao am Montag in Peking.

Foto: AP/Mori
Die Chinesen sind vor allem an Produkten interessiert, mit der sie im Energiebereich ihre Unabhängigkeit aufbauen können.

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20 Milliarden Euro: So schwer wiegen die imposanten Aufträge, die Nicolas Sarkozy bei seiner aktuellen China-Reise für die französischen Industrie nach Hause bringt. Davon entfallen allerdings zwölf Mrd. Euro auf 160 Airbus-Maschinen vom Typ A320 und A330, welche den ganzen europäischen Flugzeug-Sektor beschäftigen werden.

Einen nationalen Erfolg verbucht Paris mit dem Verkauf zweier Atomreaktoren der neuen Druckwasser-Generation. Dieser strategisch bedeutsame Geschäftsabschluss geht aber auch nicht auf Sarkozys Konto. Er ist das Werk von Anne Lauvergeon, der Chefin des französischen Nuklearkonzerns Areva. Sie verhandelte mit den Behörden der südchinesischen Provinz Guandong seit Monaten über den European Pressurized Reactor (EPR).

Die 48-jährige "Atomkönigin", wie die ehemalige Beraterin von Staatspräsident François Mitterrand in Paris gerne genannt wird, hatte diesen Erfolg bitter nötig. Bisher hat außerhalb Frankreichs nur Finnland den Druckwasserreaktor bestellt; dort aber leidet das Pionierprojekt unter beträchtlicher Bauverzögerung. Auch aus diesem Druck zog Areva vor einem Jahr in China den Kürzeren, als der US-Konkurrent Westinghouse in Peking den Zuschlag für den Bau von vier EPR-Meilern erhielt.

Revanche

Jetzt hat Lauvergeon mit den zwei 1700-Megawatt-Reaktoren für die "China Guangdong Nuclear Power Corporation" (CGNP) die Revanche. Obwohl Frankreich weniger politisches Gewicht in die Waagschale zu werfen hat als ihr US-Rivale, gelang es Lauvergeon, ihren entscheidenden Vorteil doch noch geltend zu machen: Areva ist das einzige Unternehmen der Welt, das den ganzen Atomkreislauf

von der Uranproduktion - vor allem in der Südsahara - über den Bau von Kernkraftwerken bis zur Wiederaufbereitung abgebrannter Nuklearstoffe beherrscht.

Und gerade daran ist Peking wirklich brennend interessiert. Wie bei Airbus, wo der Bau einer Werkstätte in China mit dem entsprechenden Technologietransfer einhergeht, will die Volksrepublik langfristig auch im Nuklearbereich eine unabhängige Technologie aufbauen. Areva hat sich neben dem Reaktorbau bis 2020 auch die Lieferung des nötigen Urans während 20 Jahren vertraglich gesichert. Dann will China aber wohl selbst fähig sein, seine EPR-Meiler zu speisen. Derzeit sind im Reich der Mitte ein Dutzend Reaktoren in Betrieb; fünf sind in Bau, weitere 30 geplant, um den rasant steigenden Energiebedarf der boomenden Volksrepublik zu decken.

Erster Erfolg

Mit dem chinesischen EPR-Deal in China feiert Sarkozy auf politischer Ebene den ersten Erfolg beim Versuch, französische Nukleartechnik in die ganze Welt zu verkaufen. Im September hatte er vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen "sämtlichen Staaten" die zivile französische Nuklearkraft als Ausweg aus der globalen Klimaerwärmung anerboten. Ägypten hat zum Beispiel bereits Interesse angemeldet. Sarkozy will dabei offenbar auch über geostrategische oder politische Einwände hinwegsehen: Diesen Sommer versprach er auch dem libyschen Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi einen Reaktor. Dieses Geschäft bezeichnete sogar die deutsche Regierung - in der Person des Außenamts-Staatsministers Gernot Erler (SPD) - als "problematisch".

Die französischen Grünen und Greenpeace werfen Sarkozy ohnehin vor, er nehme den Klimawandel zum "Vorwand", um als "Handelsvertreter" für den Verkauf nationaler Atomtechnik aufzutreten. (Stefan Brändle aus Paris, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27.11.2007)