Geht’s um die Verleihung millionenschwerer Preise, wird es für die Wissenschaft plüschig. Wie kürzlich im Berner Hotel Bellevue, einem Jahrhundertwende-Kasten mit Kristallluster-Goldstuhl-Ambiente, wo der diesjährige Balzan Preis gefeiert wurde.

Der Preis ist nicht ganz so wichtig, nicht ganz so hoch dotiert – statt der Euromillion wird eine Frankenmillion vergeben – und nicht ganz so berühmt wie der Nobelpreis. An Ehrwürdigkeit können es die schweizerisch-italienischen Preisverleiher aber durchaus mit dem schwedischen Komitee aufnehmen.

Jedes Jahr vergeben die 20 Mitglieder des „Comitato Generali Premi“, 17 Männer und drei Frauen, die vier Preise zur „weltweiten Förderung von Kultur und Wissenschaft“. Heuer gingen die Preise an Rosalyn Higgins (Völkerrecht), Jules Hoffmann und Bruce Beutler (Angeborene Immunität), Sumio Iijima (Nanowissenschaften), Michel Zink (Literatur des Mittelalters) und Karlheinz Böhm (Humanität, Frieden).

Verliehen wird der Balzan Preis für das Lebenswerk. So sind die Ausgezeichneten wie die Auszeichnenden reiferen Alters. Seit 2001 dürfen auch junge Forschende partizipieren: Die Hälfte des Preisgeldes muss für Projekte junger Wissenschafter zur Verfügung gestellt werden.

Die Fachgebiete werden jährlich neu festgelegt, die Kriterien bestimmen die Stiftungshonoratioren. Die Richtlinien werden so diskret behandelt wie das Stiftungsvermögen. Dessen Höhe „sage ich nicht“, erteilt Fonds-Präsident Achille Casanova, der pensionierte Schweizer Bundesratssprecher, Fragenden eine Abfuhr. Nur so viel verrät er: „Wir betreiben eine konservative Investitionspolitik, vergleichbar mit einer Pensionskasse.“

Nicht Kapitalvermehrung sei das Ziel, sondern „Nachhaltigkeit“. So reicht das Vermögen, zwei Stiftungsorganisationen zu finanzieren, jedes Jahr vier Millionen Schweizer Franken (2,4 Millionen Euro) zu vergeben und alle drei Jahre weitere zwei Millionen Franken für „Humanität, Frieden und Brüderlichkeit unter den Völkern“.

Brüderlichkeit?

Am Wort „Brüderlichkeit“ stieß sich der diesjährige Friedenspreisträger Karlheinz Böhm. „Sind denn da nur Männer?“, fragte er auf dem Podium ganz unverblümt. Die Frage blieb unbeantwortet.

Ein Blick in die Balzan-Website bestätigt Böhms Vermutung: Von 112 Ausgezeichneten seit 1961 sind fünf Frauen. In den Stiftungsgremien sitzen 34 Männer und sechs Frauen. Einzige Preisträgerin 2007 ist Rosalyn Higgins, die Präsidentin des Internationalen Gerichtshofes Den Haag.

Gestiftet wurde der Preis indes von einer Frau. Von Lina Balzan, einer italienischen Lehrerin, die 1953 das Millionenvermögen ihres Vaters Eugenio Balzan erbte. 31 Millionen Schweizer Franken hatte Balzan, der 1933 vor den italienischen Faschisten in die Schweiz geflohene frühere Miteigentümer des Corriere della Sera, erwirtschaftet. Wie, das lässt seine Biografie weitgehend offen. (Jutta Berger aus Bern/DER STANDARD, Printausgabe, 28.11.2007)