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Ein tschadischer Soldat unterhält sich in N'Djamena mit Marktverkäufern. Am Montag lieferte sich die Armee mit Rebellen schwere Kämpfe.

REUTERS/Luc Gnago
Auf dem Schlachtfeld von Abou Goulem, 90 Kilometer östlich von Abéché, der größten Stadt im Osten Tschads, verwesten am Mittwoch die Leichen in der Sonne. Journalisten, die von Tschads Armee in das entlegene Gebiet nahe der Grenze zur westsudanesischen Krisenregion Darfur gebracht wurden, zählten zwischen zahlreichen Autowracks gut zwanzig Opfer der Kämpfe zwischen Rebellen und tschadischer Armee.

Mitarbeiter von Hilfsorganisationen in den nahen Flüchtlingslagern beschreiben die Gefechte vom Montag als die schwersten seit Monaten. Stundenlang seien Maschinengewehrfeuer und schwere Artillerie zu hören gewesen. Danach kürten sich beide Seiten zum Sieger: Die Rebellen behaupten, 200 Regierungssoldaten erschossen zu haben. Ein Armeesprecher sprach von hunderten getöteten Rebellen. Halbwegs gesichert ist nur eine Zahl: Unmittelbar nach den Gefechten wurden 190 tschadische Soldaten in einem französischen Militärhospital in Abéché behandelt.

Die neuen Kämpfe machen vielen Bewohnern der krisengeschüttelten Region Angst. Eigentlich sollten in diesen Tagen die 3700 Soldaten unter dem Mandat der Europäischen Union hier stationiert werden, um wenigstens den Darfur-Flüchtlingen in den Lagern entlang der Grenze Sicherheit zu garantieren. Doch mit den Truppen, unter ihnen auch Angehörige des Bundesheers, wird jetzt erst Anfang kommenden Jahres gerechnet.

Der Leiter einer britischen Hilfsorganisation in Abéché geht davon aus, dass bis dahin weiter heftig gekämpft wird. "Die Regenzeit ist vorbei, deswegen können die Truppen beider Seiten sich bewegen", sagt der Mitarbeiter, der anonym bleiben möchte. "Beide Seiten versuchen, sich vor der Stationierung von EU-Truppen eine möglichst gute Ausgangslage zu verschaffen." Ein Diplomat erklärte ebenfalls im Schutz der Anonymität: "Das war eine Vorwarnung - niemand in der EU wird sich nach diesen Kämpfen mehr sicher fühlen."

Labile Lage im Osten

Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR hat derzeit noch gut 100 Mitarbeiter in der umkämpften Region. Sprecherin Annette Rehrl schließt eine Evakuierung bisher aus. "Aber die Lage im Osten Tschads kann sich stündlich ändern."

Am Mittwoch war die Lage angespannt, aber ruhig. Die Kämpfer der "Vereinten Kräfte für Demokratie und Entwicklung" (UFDD) haben sich nach eigenem Bekunden nordöstlich von Abéché zurückgezogen. Doch der Generaldirektor des tschadischen Geheimdienstes, General Ismaël Chaïbo, warf am Mittwoch Sudans Regierung vor, den Rebellen im nur 60 Kilometer von Abou Goulem entfernten Darfur Unterschlupf zu gewähren und sie zudem bewaffnet zu haben. Noch vor weniger als einem Jahr hatte Tschads Präsident Idriss Déby für diesen Fall mit Krieg gedroht. "Der Sudan hat das in Libyen geschlossene Friedensabkommen verletzt", wetterte Chaïbo vor der Presse in N'Djamena. Darin hatten sich erst vor einem Monat auch die Rebellen zu einem Waffenstillstand verpflichtet. Sie haben den Vertrag inzwischen aufgekündigt.

Tschads Regierung hatte ihnen in Libyen eine Regierungsbeteiligung versprochen. Doch bisher bemüht sich Déby, der seit einem Putsch vor 17 Jahren autokratisch regiert, nicht einmal um Gespräche. Viel erwartet hatten Diplomaten von dem Dokument ohnehin nicht. Dafür waren die Rebellen ihrem Ziel schon einmal zu nah: Im April 2006 wurden sie nur mithilfe französischer Soldaten aus der Hauptstadt N'Djamena zurückgeschlagen. Frankreichs Armee, die den EU-Einsatz führen wird, ist bei den Gegnern Débys seitdem besonders unbeliebt. (Marc Engelhardt/DER STANDARD, Printausgabe, 29.11.2007)