Wien - Zwei Wände teilen den Hauptraum der Secession und öffnen einen langen Gang. "Der Raum erhält die Aura eines Nebenschauplatzes, einer Lagerhalle, wo Abgestelltes gezeigt wird", so Secessions-Präsidentin Barbara Holub bei einer Pressekonferenz am Mittwoch.

Nebenschauplätze ins Zentrum zu rücken scheint programmatisch für die Projekte der Secession. Auch mit der Eröffnung der Vitrine in der Westpassage der U-Bahnstation Karlsplatz, sowie mit der heute startenden Veranstaltungsreihe "6 Sessions" sollen Hierarchien der Aufmerksamkeit durchbrochen werden.

Nebenschauplätzen innerhalb von Hauptschauplätzen sind auch die Filme von Andree Korpys und Markus Löffler gewidmet, die auf mehreren ebenso schmucklos in den "Lagerhallen" herumstehenden Leinwänden gezeigt werden. Ihre Inhalte könnten politischer kaum sein - gerade wegen der geringfügigen Schauplatzverschiebungen. George W. Bushs Staatsbesuch in Berlin etwa, bei dem sich Korpys und Löffler als Journalisten akkreditierten, um dann weniger Bush selbst als das Rundherum zu filmen: Sicherheitsbeamten, Klebestreifen auf roten Teppichen - die kleinen Merkmale der Inszenierung. "Das Spannende ist, wie sich reale Figuren der Fiktion annähern", erklärte Löffler bei der Presseführung und deutete auf einen der Protagonisten. "Wenn man dem Sicherheitschef im Film so eine Brille aufsetzen würde, würde das übertrieben wirken."

Wie Fiktion und Realität in der Wahl der Motive, aber auch der Aufnahmegeräte in einander wirken, zeigen auch die drei kurzen Amerika-Filme aus 1996. Dass die Wahl auf die Institutionen des World Trade Centers, der United Nations und des Pentagon wenige Jahre nach der Aufnahme zusätzliches Gewicht erhalten sollte, macht die mit Super-8-Kameras eingefangenen Bilder unsichtbar politisch. Ebenso wie ihre Motivation: Fast wie aus den Augen eines zukünftigen Terroristen versucht die Kamera Schwachstellen der Sicherheitsarchitektur aufzudecken, kleine Alltäglichkeiten einzufangen, die bei Gebäuden mit einer so ausführlichen fiktionalen Bedeutung ständig die Frage wecken: "Was passiert als nächstes?". Durch die Ästhetik von 70er oder 80er-Jahre Filmen wird dieser Eindruck noch verstärkt. "Sogar bei den handelnden Personen hat man immer den Eindruck, dass sie sich in gewisser Weise an das anlehnen, was sie aus Filmen kennen", meinte Löffler.

Weitere Schauplätze, die im Zentrum medialen Interesses stehen und von einem etwas anderen Blickwinkel aus betrachtet werden, finden sich in Filmen über Heiligendamm zum Zeitpunkt des G8-Gipfels, wenn die unberührte Natur in der Umgebung eingehender Betrachtung unterzogen wird, oder über Marksteine Österreichischer Kultur, wenn den Mechanismen zur Fensterabdunkelung im Wittgenstein-Haus genaues mechanisches Interesse entgegengebracht, das Klimt-Fries der Secession von hinten gezeigt oder die Donau-City durch sich ständig bewegende Scheibenwischer betrachtet wird.

Gleichzeitig mit der Ausstellung in den Haupträumen eröffnet die Vitrine in der U-Bahnpassage mit der Reihe "Footnotes", ein Name, mit dem Kuratoin Hajnaka Somogyi auf den Status der Virtine als "Fußnote" oder eben weiterer Nebenschauplatz der Secession anspielt. Dass Haupt- und Nebentext aber keine eindeutige hierarchische Ordnung darstellen, sondern die Fußnote auch als Ort besonders tiefgreifender oder nicht zuordenbarer Information dienen kann, reflektiert bereits der erste dort ausstellende Künstler, Zbynek Baladran, mit seinem "Glossary". (APA)