Johannes, 18 Jahre

"Der typische Wiener ist oberflächlich, aber freundlich, er hat Vorurteile und raunzt, aber er ist neugierig und hat Sinn für Humor." Der Maturant Johannes Godler wohnt gerne in Wien, gerade weil diese Stadt eine solche Vielfalt an Kulturen bietet. Und: "Wien hat viele schöne Grätzeln." Die Stadt biete ihm alles, was er brauche: ein breites Netz an öffentlichen Verkehrsmitteln, gute Ausbildungsmöglichkeiten und die Aussicht auf einen Arbeitsplatz. Wiens Einzigartigkeit zeige sich auch an seinen kulturellen Veranstaltungen, "die wie der Life Ball nicht umsonst so viel Aufsehen erregen". Für die Zukunft hofft Johannes, dass "der Ausbau der Gymnasien, Haupt- und Gesamtschulen nicht nur in der Quantität, sondern vor allem in der Qualität erfolgen wird". (Isabel Syrek)

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Young Sun Lee (17)

Was sie nach Wien geführt hat? "1998 überließ mir mein Vater, der aufgrund einer beruflichen Veränderung das Land verlassen musste, die Entscheidung, ob ich zurück nach Südkorea gehen oder in Österreich bleiben will", erzählt die 17-jährige in Seoul geborene Young Sun Lee.
Zunächst lebte die junge Koreanerin bei ihrer älteren Schwester. Jeder sei selbst dafür verantwortlich, sich mit der Kultur und der Sprache des Landes, in dem er lebe, auseinanderzusetzen, meint sie. Wien erlebe Young als multikulturelle und offene Stadt. "Abseits der Tatsache, dass meine Eltern nicht in Wien wohnen, fühle ich mich hier sehr wohl. Außerdem bin ich davon überzeugt, dass diese Stadt, trotz aller Modernisierungen, immer ein Stück Kultur mittragen wird." (Isabel Syrek)

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Erika Andres (72)

In Währing, im dritten Stock eines hundertjährigen Hauses mit Aussicht auf den Wienerwald, wohnt Erika Andres, Beruf: Großmutter. Um sich auch mit 72 Jahren in der kalten Jahreszeit in Form zu halten, ohne mehr als eine halbe Stunde zu verlieren, turnt sie mit einem Fernsehprogramm täglich außer Sonntag um neun Uhr morgens. "Jetzt im Alter versuche ich meine Gelenke beweglich zu halten, um, so lange es geht, gesund zu bleiben", meint sie. "Ich bin in Wien aufgewachsen, habe in dieser Wohnung meine Kindheit verbracht und meine Kinder aufgezogen. Die Stadt ist mir sehr vertraut, ich liebe ihre Parks und den Wienerwald. Zwar habe ich Städte wie Paris und London gesehen, aber keine so eine gute Luft. Und die Wiener Cafés sowie die Musiktradi_tion sind etwas Einzigartiges." (Lalé Eleonora Cabuk)

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Gerhard Behan, 74

"Die Wiener sind hektisch geworden", findet Student 90 Minuten verbringt er täglich in Bibliotheken. 1933 in Wien geboren, arbeitete Gerhard Behan nach der Matura bei der Post. Vorerst leerte er in Wien Briefkästen, nach einem Jus-Studium wurde Behan zum Abteilungsleiter befördert. Seine Heimatstadt Wien ist für ihn "sehr besonders". Doch man müsse das alte Wien vom neuen unterscheiden. Die Wiener seien viel hektischer als früher. "Hier geht einfach alles kreuz und quer." Ein Leben in Pension hielt er nicht aus, jetzt studiert er Politikwissenschaft. "Damit der Kopf nie einschläft", erklärt er. Sein Studium beendet er voraussichtlich im Herbst 2008. Danach geht er vielleicht auf Reisen. "Meine Frau sagt aber immer: "Du rennst immer in die Bücherei und in Vorlesungen, fahren wir doch einmal weg!" (Sara Mansour Fallah, DER STANDARD Printausgabe, 1.12.2007)

F.: Fischer