Die Wiener Künstlergruppe "Resistancewear" entdeckt im Rahmen ihrer oppositionellen und im Internet dokumentierten Tätigkeit gegen die schwarz-blaue Regierung die Mode als ideales Agitationsfeld. Das T-Shirt mit politischen Sprüchen feiert fröhliche Wiederauferstehung. Von Christian Schachinger. Wien - "Widerstand" ist und bleibt immer auch ein modischer Faktor. Umberto Eco: "Ich spreche durch meine Kleidung." Deshalb ist auch ein Phänomen nicht weiter verwunderlich: In der Protestbewegung gegen die österreichische Regierung, die mit dem "Schwarzblaustrich"- Button von Johanna Kandl sehr schnell auch ihr Markenlogo fand, feiert nun auch das zuletzt in den 70er Jahren gesichtete "Bekenner-T-Shirt" seine Wiederauferstehung. "Atomkraft, nein danke!", man erinnere sich. Im Umfeld der Gruppen Gettoattack oder Re:Austria tauchten schon bald T-Shirts in privaten Miniauflagen auf, mit Sprüchen wie etwa "Ich bin Haiders Boyfriend" oder "Haider auf die Watschlist". Die Künstlergruppe Resistancewear will nun aber oppositionelle Haltung auch über ein "richtiges" Mode-Label kultivieren: "Ziel von Resistancewear ist es, Zeichen des Widerstands möglichst flächendeckend auf Österreichs Körpern unterzubringen." Von "widerständiger Semantik" ist da zu hören, von "oberflächlicher Verbreitung politischer Überzeugung über den Umweg des Markennamens", von einem "Bedürfnis nach Selbstpositionierung": "Der Griff zum Shirt (re-)aktiviert nicht nur das eigene politische Verantwortungsgefühl, sondern sorgt als Erkennungsmerkmal auch für den notwendigen Community- Spirit." Außerdem soll das Tragen der gegenwärtig auf das englische Sprachspiel "Be Cause" vertrauenden Shirts auch für Diskussionen sorgen. Nichts Neues unter der Sonne? Dissidente Lebensentwürfe müssen sich spätestens seit dem Aufkommen der Popkultur auch in der Kleidersprache gegen unerwünschte Ordnungen stemmen. Selbst wenn das manchmal schiefgeht. Als beispielsweise die britische Modedesignerin Katherine Hamnett 1984 Premierministerin Margret Thatcher treffen sollte, wählte sie aus ihrer damaligen Kollektion von Slogan-T-Shirts dieses: "58 % DON’T WANT PERSHING". Was die "Eiserne Lady" gelassen hinnahm: "Meine Liebe, hier in Großbritannien haben wir Cruise-Missile-Raketen stationiert." Spektakelkultur Zwar ist Mode ganz grundsätzlich immer auch politisch zu lesen. Etwa laut Ulf Poschardt in seiner Untersuchung Anpassen aus 1998 als "Identitätskonstruktion" und "spezifisches non-verbales Kommunikationsmedium in bürgerlichen Gesellschaften". Der Drang aber, sich immer wieder auf Zeichenebene vom "System" zu distanzieren oder dieses subversiv zu unterwandern, kurz, Mode als schockierendes Spektakel zu nutzen, kann letztlich nicht in der Haute Couture und deren industrieller Verwässerung ausgetragen werden. Immerhin bestätigten Jean- Paul Gaultier oder Gianni Versace in den 80er Jahren mit der Einbeziehung von Elementen des anarchistischen Punk letztlich nur, wie schnell das böse "System" dazu in der Lage ist, seine aufständischen Kinder affirmativ heimzuholen. Heutzutage schlägt selbst FPÖ-Skandalmann Hilmar Kabas diesbezüglich Kapital aus Regelbrüchen und präsentiert die Stofftier-Kollektion "Humpi" und "Dumpi". Interessanter als die Produktion der T-Shirts von Resistancewear selbst also erweist sich schließlich die tägliche Möglichkeit für Jedermann, zwischen 17 und 22 Uhr in einem Container am Wiener Karlsplatz im "Be Cause"-Shirt vor einer Web-Kamera seine Standpunkte gegen die Regierung darzubringen. Diese können im Internet abgerufen werden, wo auch ein umfangreiches Archiv zur Verfügung steht, das die politischen Aktivitäten der Gruppe über die Modelinie hinaus dokumentieren soll und im eigentlichen Mittelpunkt steht. Nicht nur seit dem berühmten Spruch "Shit happens" gilt, dass es sich beim T-Shirt laut der britischen Modebibel i-D um das einzige Kleidungsstück handelt, das die Geschichte des späten 20. Jahrhunderts tatsächlich wörtlich erzählen kann. Von "Bier formte diesen schönen Körper" über das Playboy-Bunny bis hin zu Che Guevara, "Anarchy in the UK!" oder "Ich bin eine Demonstration" feiern hier die nonverbale Kommunikation und modische Selbstdefinition ungebrochen Triumphe. Subversiv hin oder her. www.resistancewear.org (D ER S TANDARD , Print-Ausgabe, 23.8. 2000)