Wien - Der Streit zwischen SPÖ und ÖVP um die 24-Stunden-Pflege geht in die nächste Runde. Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (ÖVP) meldet jetzt verfassungsrechtliche Bedenken gegen die unterschiedliche Förderung von selbstständigen und unselbstständigen Pflegern an. Zur Erklärung: Wer einen Pfleger anstellt - also unselbstständig beschäftigt - wird von der öffentlichen Hand mit bis zu 800 Euro gefördert. Wer einen selbstständigen Pfleger engagiert, bekommt nur einen Zuschuss von maximal 225 Euro pro Monat.

Bartenstein am Sonntag im Gespräch mit dem Standard: "Gleiches ungleich zu behandeln ist verfassungsrechtlich fraglich." Laut Verfassungsgerichtshof (VfGH) dürfe eine Ungleichbehandlung nur erfolgen, wenn es dafür sachliche Gründe gebe. "Das Fördermodell von Sozialminister Erwin Buchinger ist aber mehr Willkür als sachlich gerechtfertigt." Der Wirtschaftsminister: "Wenn jemand zum VfGH geht, kann ich nicht ausschließen, dass die Regelung aufgehoben wird."

Bartenstein fordert deshalb den SPÖ-Sozialminister neuerlich auf, entsprechende Korrekturen vorzunehmen. Unterstützt sieht er sich durch Wiens SPÖ-Bürgermeister Michael Häupl. Dieser sagte in der Kleinen Zeitung, man solle eine "Förderungsgleichstellung" überlegen. Buchinger machte freilich einmal mehr klar, dass er zu keinen Änderungen mehr bereit sei. In Richtung ÖVP sagte er: "So geht es nicht. Hinter Kompromissen muss man stehen, wenn man ein verlässlicher Partner sein will." Morgen, Dienstag, soll die Neuregelung der 24-Stunden-Pflege zu Hause im Nationalrat beschlossen werden. Mit 1. Jänner 2008 wird sie dann in Kraft treten.

Insgesamt bezeichnete Bartenstein den Pflegebereich als "letzte große Baustelle im sonst gut funktionierenden Sozialstaat Österreich". Es sei falsch, dass Pflege ein "Almosen" und die Pflegeförderung in den Ländern Teil der Sozialhilfe sei.

Caritas will Pflegefonds

Grundsätzliche Unterstützung bekam der Minister von Caritas-Präsident Franz Küberl. Er schlägt einen "Pflegelasten-Ausgleichsfonds" vor. Dieser solle aus Steuermitteln und Krankenkassenbeiträgen gespeist werden. Es sei an der Zeit, die Pflege aus der Sozialhilfe herauszunehmen und eigenständig zu finanzieren.

Verbunden damit wäre auch die Abkehr von den - ohnehin nicht mehr von allen Bundesländern verlangten - Vermögensobergrenzen für Beihilfen zu den Pflegekosten. Stattdessen will Küberl Selbstbehalte, die nach Höhe der Einkünfte gestaffelt sein könnten. Die Besteuerung von Erträgen aus Vermögen will er ebenfalls zur Finanzierung der Pflege heranziehen - etwa in Form der Wiedereinführung einer reformierten Erbschaftssteuer. Eine Pflegeversicherung hält Küberl für nicht zielführend. Damit würden erneut die Arbeitseinkommen belastet.

In Zukunft solle es in der Abwicklung der Finanzierung keinen Unterschied mehr machen, ob jemand ins Spital oder in ein Pflegeheim muss oder zu Hause gepflegt wird, sagte Küberl. (Günther Oswald/DER STANDARD, Printausgabe, 3.12.2007)