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Valentino Garavani ist genauso für seine prachtvollen Roben wie für seinen flamboyanten Lifestyle berühmt. In Rom wurde er zum Star - als die Zeit des Dolce Vita vorbei war, zog sich der Designer aus der Stadt zurück. Heute besitzt er unter anderem ein Chateau bei Versailles und ein Haus in London.

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Der prachtvolle Valentino-Band vereint hunderte Bilder und Beiträge von Freunden und Mitstreitern. Hrsg. v. Armando Chitolina, Taschen Verlag, 738 Seiten, 750 Euro. Lederedition: 3000 Euro

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Als die Roten Brigaden in den Siebzigern Rom terrorisierten, als Menschen gekidnappt und Autobomben gelegt wurden, da legte sich Valentino Garavani einen gepanzerten Mercedes zu. Keinen der unscheinbaren Sorte, nein, die Farbe des Autos war blutig rot. In Stilfragen machte der flamboyante römische Couturier auch in schwierigen Zeiten keine Abstriche.

"Was soll ich tun?", fragte er seine Freunde. "Soll ich etwa aufhören, mein Leben zu leben?" Ein absurder Gedanke. Valentino gab auch dann den Grandseigneur mit Stecktuch, als die Welt um ihn herum im Terror versank. Seine Welt war das nicht. Diese besteht aus pompösen Abendkleidern, aus französischen Landschlössern und luxuriösen Yachten. Je mehr diese Welt in der Realität verblasste, desto eifriger betrieb Valentino ihre künstliche Auferstehung. Ein Prometheus, der die Menschen nicht aus Ton, sondern aus Kaschmir und edler Seide formte. An der Definition von Schönheit bestand für ihn nie der geringste Zweifel. Sie ist für ihn Ausdruck von klassischer Perfektion. Frauen interessieren ihn in Gestalt von Diven.

Mode des zwanzigsten Jahrhunderts

Es war denn auch die Zeit des Dolce Vita, als Valentino (geboren 1932) in Rom sein Aufstieg gelang. Als Siebzehnjähriger war er nach Paris gegangen, erlernte dort das Handwerk von den Meistern der Haute Couture. Zurück in Rom, eröffnete er in der noblen Via Condotti sein eigenes Atelier: Doch der Erfolg stellte sich erst ein, als sein Lebenspartner Giancarlo Giammetti die finanziellen Agenden des Hauses in die Hand nahm. Genauso wie Yves Saint Laurent und Pierre Bergé formen sie eines jener männlichen Paare, die die Mode des zwanzigsten Jahrhunderts nachhaltig veränderten. Die Rolle des Stars kommt dabei aber nur einem zu.

Bevor Valentino sie ausfüllen durfte, musste er erst andere als solche kleiden. Wie niemand vor ihm erkannte er das Potenzial, das die unendliche Vervielfältigung der Bilder im Medienzeitalter birgt. Jacqueline Kennedy in der Garderobe des Couturiers: Mit keiner Werbekampagne erreichte Valentino auch nur annähernd so viel Publizität wie mit seinen Kleidern für Elizabeth Taylor, Sophia Loren oder eben die ehemalige First Lady.

Celebrity-Dressing

Als Jackie diese Rolle nicht mehr ausfüllen musste (es also nicht mehr ihre Pflicht war, auch amerikanische Designer zu tragen), gewandete sie sich fast ausschließlich in Valentino. Heute gehört Celebrity-Dressing, so der Ausdruck der Branche, zu den Hauptaufgaben der Marketingabteilungen von Modeunternehmen. Doch es ist Valentino, der den Kniff, Stars zu kleiden, immer noch am besten beherrscht - zumindest auf dem roten Teppich. Dieser ist das angestammte Terrain des stets braungebrannten Modeschöpfers, hier kann er seine barocken Träume, seine Vermählung von Pariser Couture und italienischem Chic am besten ausleben.

Im Modeimperium, das Valentino und Giammetti in den vergangenen 45 Jahren aufbauten (und das mittlerweile zur britischen Private-Equity-Gruppe Permira gehört), nehmen die Couture-Roben nur einen kleinen Raum ein. Jeans und Sportmode, Schuhe und Taschen, Parfums und, ja, Zigarettenanzünder tragen zum Umsatz des Unternehmens einen weitaus größeren Teil bei. 75 Prozent aller Produkte, so wird gesagt, gehen nach wie vor durch des Meisters Hände. Der Abschied, der sich seit Monaten hinzieht, fällt Valentino dementsprechend schwer.

Valentino-Rot

Seit der 75-Jährige Anfang September seinen Rückzug ankündigte und Ex-Gucci-Designerin Alessandra Facchinetti zur Kreativnachfolgerin der Damenmode erklärt wurde (die Herrenmode macht ein Designteam), feiert die Modewelt einen Mann, der wie kein anderer eine untergegangene Epoche verkörpert.

Die letzte Prêt-à-Porter-Schau in Mailand geriet zum Triumph, eine Ausstellung in Rom präsentierte 350 seiner Kleider, darunter allein 60 im berühmten Valentino-Rot, einer Mischung aus Karmin, Kadmium und Purpur. Bevor der Designer Ende Jänner seine letzte Kollektion, jene bei den Haute-Couture-Schauen in Paris, präsentieren wird, hat man ihm jetzt ein Monument errichtet - in Form eines Buches, das seinem Hang zum unbedingten Luxus Tribut zollt. "Valentino liebt alles, was unglaublich teuer ist", erzählt darin Consuelo Crespi, ehemalige Chefredakteurin der italienischen Vogue. Valentino dürfte das Buch gefallen. (Stephan Hilpold/Der Standard/rondo/07/12/2007)