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"Die Telefonüberwachung hat bei der Polizei Hochkonjunktur", monieren die Datenschutzspezialisten von Arge Daten in einer aktuellen Presseaussendung. In den letzten Jahren sei ein starker Anstieg der Überwachungsanträge zu verzeichnen gewesen. Von 2003 auf 2005 um 67%, zwischen 20 und 30% liegen die durchschnittlichen jährlichen Zuwachsraten, so der Verein. Wermuthstropfen für die Antragsteller im Innenministerium gäbe es allerdings doch: "die Genehmigungsquote insbesondere bei der Handyortung durch die Gerichte sinkt kontinuierlich".

Die Eckzahlen im Überblick:

  • 2005: 1748 Handyortungen beantragt (Steigerung zum Vorjahr: 15%), 1080 genehmigt (Genehmigungsquote 62%) insgesamt: 6053 Telefonüberwachungen beantragt, 4560 genehmigt (Genehmigungsquote 75%)

  • 2004: 1518 Handyortungen beantragt (Steigerung zum Vorjahr: 45%), 980 genehmigt (Genehmigungsquote 65%) insgesamt: 5166 Telefonüberwachungen beantragt, 3760 genehmigt (Genehmigungsquote 73%)

  • 2003: 1049 Handyortungen beantragt, 709 genehmigt (Genehmigungsquote 68%) insgesamt: 4018 Telefonüberwachungen beantragt, 2863 genehmigt (Genehmigungsquote 71%)

    Anm.: Für die Jahre 2006 und 2007 liegen der ARGE DATEN die abschließenden Zahlen noch nicht vor.

    Novelle

    Doch Arge Daten warnt: "Die jetzt im Parlament zur Durchschleusung vorliegende Sicherheitspolizeinovelle soll diesen - aus der Sicht des Innenministeriums - bestehenden Mangel beseitigen und für eine Vielzahl der Fälle eine Telefonüberwachung ohne Gerichtsbeschluss ermöglichen".

    Der neue Passus im Wortlaut: "§53(3b) SPG Ist auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass eine gegenwärtige Gefahr für das Leben oder die Gesundheit eines Menschen besteht, sind die Sicherheitsbehörden zur Hilfeleistung oder Abwehr dieser Gefahr darüber hinaus berechtigt, von den Betreibern im Mobilfunkbereich Auskunft über Standortdaten der von dem gefährdeten Menschen mitgeführten Endeinrichtung zu verlangen sowie technische Mittel zur ihrer Lokalisierung zum Einsatz zu bringen. Die Sicherheitsbehörde trifft die Verantwortung für die rechtliche Zulässigkeit des Auskunftsbegehrens, dessen Dokumentation dem Betreiber unverzüglich, spätestens innerhalb von 24 Stunden nachzureichen ist. Die ersuchte Stelle ist verpflichtet, die Auskünfte unverzüglich und gegen Ersatz der Kosten nach § 7 Z 4 der Überwachungskostenverordnung – ÜKVO, BGBl. II Nr. 322/2004, zu erteilen."

    Die Experten bezweifeln jedoch, dass das Gesetz nur bei Katastrophenfällen in Anspruch genommen wird. "Wie soll das Telefon einer Person geortet werden, die man namentlich noch gar nicht kennt? Also wird es im Anwendungsfall darauf hinauslaufen alle Handys einer bestimmten Stelle, eines bestimmten Bereiches zu orten und die Daten aufzuzeichnen", befürchten die Spezialisten.

    Hintertüre

    Hans G. Zeger, Mitglied des Datenschutzrates befürchtet, dass es in der operativen Anwendung im Ergebnis darauf hinauslaufen werde, dass eine Vielzahl von Handydaten nunmehr ohne Gerichtsbeschluss verwertet würden, auch solche, auf die nicht unmittelbar die neue Bestimmung anzuwenden ist. Diese Grundrechtseingriffe nehme man offenbar als Kollateralschäden in Kauf, so die Datenschützer. (red)