Dieses Picasso-Porträt Angel Fernández de Sotos wurde 2006 bei Christie's zurückgezogen - unberechtigt?

Foto: Christie's

New York - Dass Kunstwerke bis wenige Stunden vor einer Auktion zurückgezogen werden, gehört quasi zum Daily Business bei Auktionshäusern. Bitter ist es, wenn es sich dabei um Hochkarätiges handelt, für das die Marketingmaschinerie im Vorfeld auch schon ein stolzes Sümmchen verschlungen hat.

Im November 2006 hätte Pablo Picassos auf 40 bis 60 Millionen Dollar taxiertes Porträt Angel Fernández de Soto bei Christie's versteigert werden sollen. Wurde es aber nicht. Das 1903 ausgeführte und damit aus der wichtigen blauen Periode stammende Bild hatte mehr als 60 Jahre Ausstellungsgeschichte auf dem Buckel, 1995 erwarb es Andrew Lloyd Webber bei Sotheby's für 26 Millionen Dollar, und Christie's verlautbarte den prominenten Zugang bereits Ende Juni 2006.

Trotz dieser Publizitäts-chronologie machte das Berliner Moses-Mendelssohn-Institut, vertreten von Julius H. Schoeps, seine Ansprüche erst eine Woche vor der Auktion öffentlich. Selbst Erika Jakubovits von der Israelitischen Kultusgemeinde hatte dieses Vorgehen scharf kritisiert.

Das New Yorker Bezirksgericht gab dem Ansuchen der Anspruchsteller nicht statt, Schoeps drohte mit der nächsten Instanz. Nach intensiver Beratung mit Lloyd Webber zog Christie's Lot 47 zurück. Laut Medienberichten wies ein US-Bundesrichter die Klage vor kurzem neuerlich ab. Die Begründung: Schoeps, Großneffe des ehemaligen Besitzers, vertrete das Erbe seines Großonkels nicht rechtmäßig. Ob das Gemälde demnächst auf den Markt kommt, steht in den Sternen.

Den Erlös wollte die Andrew Lloyd Webber Foundation ursprünglich sozialen Projekten zukommen lassen. Auf Anfrage bei Christie's wird man an die PR-Agentur der Foundation verwiesen, die zuständige Mitarbeiterin bei Brown Lloyd James war allerdings für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Am 6. Mai 2008 fände bei Christie's jedenfalls die nächste Großauktion der Sparte Impressionist & Modern Art in New York statt.

Zeitgleich wurden jetzt das Museum of Modern Art (MoMa) und das Guggenheim Museum in New York aktiv. Laut Zeitungsberichten hatte Schoeps über seine Anwälte in einem Brief Anfang November von den beiden Museen die Herausgabe zweier anderer Picasso-Gemälde verlangt: Die Mühle von la Galette (1900) und Junge mit Pferd (1906) seien unter dem Druck der Nationalsozialisten verkauft worden, das damalige Geschäft sei ungültig. 1935 hatte der Bankier Mendelssohn-Bartholdy seine umfangreiche Sammlung an den jüdischen Kunstsammler Justin K. Thannhauser verkauft - darunter auch das de-Solo-Portrait -, der die Mühle zusammen mit anderen Gemälden dem Guggenheim Museum vermachte.

Per Gerichtsbeschluss wollen sich die beiden Museen auf Basis ihrer Recherchen und Nachweise nun zu den rechtmäßigen Besitzern erklären lassen. (kron / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13.12.2007)