Karriereforum: Nikolaus Kogler, Heinz Schäffer, Norbert Prewein, Guido Lenz, Wolf Dieter Martius, Reinhold Schärf, Hans Michael Leise, Peter Krammer, Dieter Baier, Johannes Gutmann

Foto: Standard/Matthias Cremer
Im Karrierenforum, moderiert von KarrierenStandard-Mitarbeiterin Pia Alexandra Bauer, fanden sich zehn Experten ein, die die Vor- und Nachteile des Franchise-Systems für Wirtschaftstreibende darlegten und einen Ausblick auf die Zukunft des Prinzips gaben. Dabei wurde sowohl die Situation der Markenträger und Franchise-Geber als auch der Franchise-Nehmer kritisch beleuchtet.

Palmers

Nikolaus Kogler vertrat die Palmers Textil AG als eines der ältesten heimischen Franchise-Unternehmen. 1914 gegründet, gab es 1936 die ersten Franchise-Partner. "Palmers achtet auf eine durchgängige Personalentwicklung", sagte Kogler. "Jeder kann sich bis zum Filialleiter hinaufarbeiten oder eine eigene Franchise-Filiale übernehmen." Womit er die Dachmarken-gestützte Selbstständigkeit als betriebliche Karriereoption positionierte.

Schülerhilfe

"Fit in der Schule – selbstbewusst im Leben!", lautet das Motto der 1974 in Deutschland gegründeten Schülerhilfe. 1000 Standorte in Deutschland und Österreich wurden bis heute über Franchising eröffnet und bieten Abhilfe bei Lernproblemen. "Unsere Branche gewinnt, weil immer mehr Menschen etwas bewegen und anderen helfen wollen", freute sich Heinz Schäffer, Österreich-Chef der Schülerhilfe. Eine Lehramtausbildung sei nicht Voraussetzung, um eine Schülerhilfe-Filiale zu starten. "Wichtig ist die Verbindung zwischen Kopf und Herz."

Allianz-Versicherung

Die Allianz Versicherung setzt seit sieben Jahren auf Franchising. 345 Mitarbeiter haben sich für diese Form der Existenzgründung entschlossen, wie Norbert Prewein, der für den Franchise-Bereich verantwortlich ist, berichtete. Zentral war, "die Karrierewege der Mitarbeiter zu fördern". Ähnlich wie Palmers setzt die Versicherungsgesellschaft weiter auf ein zentrales Ausbildungssystem.

mobilkom austria

Erst vor zwei Jahren führte die mobilkom austria für ihre A1-Shops das Franchising ein. "Wer Filialleiter ist, kann als nächstes den Schritt in die Selbstständigkeit tun", so der Bereichsleiter für Franchising, Guido Lenz. Besonders interessant sei, dass das persönliche Risiko "die Leute um einen Tick engagierter und motivierter agieren" lasse. Neben ehemaligen Filialleitern bekommen auch Quer_einsteiger die Möglichkeit, ihr Glück im eigenen Shop zu finden. Die Schulungen seien in beiden Fällen "grundsätzlich gleich".

Musikschule Fröhlich

Wolf-Dieter Martius ist Österreich-Leiter der deutschen Musikschule Fröhlich, die mit Franchising Erfolg hat. Zugleich hat er über seine Gattin Waltraud Martius, Vizepräsidentin des Österreichischen Franchise-Verbands, Einblick in den gesamten Sektor.

"Das Wachstum beträgt fünf bis sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahr, die Qualität steigt weiter", gab Martius bekannt. Rund 390 Franchise-Systeme gebe es bundesweit, und etwa 5900 Franchise-Nehmer. "Das bedeutet rund 100.000 Arbeitsplätze." Als Trend zeichne sich ab, dass mittlerweile "nicht mehr nur die Franchise-Nehmer, sondern auch deren Mitarbeiter vermehrt zentral geschult werden".

Coffeeshop Company

Generell stiegen die Chancen für Franchise-Systeme, "wenn die Märkte enger werden". So hätte es früher keinen Anlass für Immobilienmakler gegeben, sich unter einer Dachmarke zu vereinen. "Am Beispiel Remax sehen wir heute aber eine gut etablierte Marke." Letztendlich biete das Prinzip Unternehmern eine Verstärkung ihrer "vertrieblichen Komponente", wenn sie über die Filialen näher zum Kunden rücken.

"Wenn man es mit der nötigen Verantwortung betreibt – auch als Franchise-Geber –, dann ist es die beste Vertriebsschiene", legte Kaffeeproduzent Reinhold Schärf nach, der zugleich Eigentümer der "historisch gewachsenen Marke" Schärf wie auch der "rein Franchise-orientierten" Coffeeshop Company ist. Für Karrierestufen vom Lehrling bis zum Manager schuf er eine interne Weiterbildungsakademie, dennoch propagierte Schärf, dass wieder vermehrt an "learning by doing" gedacht werden solle. Personen, die aufgrund verschiedener Schwächen durch das Schulsystem fallen, "bekommen so eine Chance".

Accor Hospitality

Im Tourismus als "weltweit größter Branche" ist das Franchise-System von Accor Hospitality verankert. Hans-Michael Leise, Österreich-Direktor der Hotelkette, verweist auf weltweit 4000 Häuser, von denen 1071 Franchise-Hotels sind. Dabei gibt es die Möglichkeit, ein Hotel zu leasen oder als Hoteleigentümer in die Accor-Familie einzutreten, der auch die Marken Mercure und All Seasons gehören.

Viva-OMV

Die Viva-Shops der OMV-Tankstellen "sind der jüngste, zugleich aber zweitgrößte Franchise-Betrieb in Österreich", sagte Viva-Geschäftsführer Peter Krammer. Der Start erfolgte 2006, Viva wurde total neu positioniert. Um die Ausbildung der Franchise-Nehmer und deren Mitarbeiter zu professionalisieren, setze er sich dafür ein, "den Tankstellenkaufmann als Lehrberuf einzuführen". Bislang erfolglos, was Krammer sehr bedauert – "bei den vielen Lehrstellensuchenden".

Mail Boxes Etc.

"Unsere Mitarbeiter sind hausgemacht", meinte der Österreich-Manager des US-stämmigen Versand- und Büro-Dienstleisters Mail Boxes Etc., Dieter Baier. Die Franchise-Nehmer der bislang 26 eröffneten Center in Österreich erhielten ein mindestens sechswöchiges Training.

Sonnentor

Noch in den Startlöchern scharrt Sonnentor-Geschäftsführer Johannes Gutmann. Mit einem Sortiment aus rund 6000 Fachartikeln will der Biolebensmittelproduzent in naher Zukunft zusätzlich zu den drei bestehenden Sonnentor-Filialen in Krems, Zwettl und Sprögnitz über die Franchise-Schiene vorerst die österreichischen Landeshauptstädte erobern.

Dabei wünscht sich Gutmann Franchise-Nehmer, die die Entstehung der Sonnentor-Artikel "von der Basis bis zum fertigen Endprodukt" kennen, sozusagen "vom Acker bis zum Packerl". Dafür steht die Sonnentor-Akademie, in der etwa die Mitarbeit beim Bauern sowie Verkaufsschulungen vorgesehen sind. (Bernhard Madlener, DER STANDARD, Printausgabe, 15./16.12.2007)