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Einkaufszentren mitten in der Stadt: Die deutsche ECE breitet sich über ganz Europa aus. Nicht zuletzt hat das auch Auswirkungen aufs Wohnen.

Fotos: ECE, Corbis; Collage: Isabella Kohlhuber
Neuerdings kehren Shoppingcenter wieder in die Mitte unserer Städte zurück und stellen dort die vorhandenen innerstädtischen Handelsstrukturen auf den Kopf. Aber auch in Bezug auf das Wohnen spricht man von einer Renaissance der Städte.

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Es grassiert das vorweihnachtliche Shoppingfieber – Grund genug, angesichts voller Einkaufstaschen kurz innezuhalten und einen klaren Gedanken zu fassen: Was passiert mit den bestehenden Kleinhandelsgeschäften, wenn in den österreichischen Städten eine Shoppingarkade nach der anderen eröffnet? Die Antwort ist einfach: Die vorhandenen Handelsstrukturen werden durcheinandergewirbelt, sofern sie nicht überhaupt zugrunde gehen.

Im Frühjahr 2006 eröffneten in Klagenfurt die City-Arkaden, ein Einkaufszentrum in zentraler Lage und mit direkter Anbindung an die Fußgängerzone. 120 neue Geschäfte auf einen Schlag. Unter einem Dach findet der Kunde hier von der Uhr bis zum Handy, vom Brot bis zur Hose alles, was er braucht.

Die deutsche Einkaufscenter Entwicklungsgesellschaft (ECE) begann schon vor 40 Jahren damit, entgegen dem Trend zur grünen Wiese, Shopping-Malls wieder in den Stadtzentren zu errichten. Inzwischen hat sie über 90 Einkaufszentren realisiert und ist auf diesem Gebiet europäischer Marktführer. Mit den City-Arkaden in Klagenfurt hat sie erstmals österreichischen Boden betreten.

120 neue Geschäfte

27.000 Quadratmeter zusätzliche Verkaufsfläche sind für eine Stadt der Größe Klagenfurts keine Kleinigkeit. Die geballte Kraft von 120 neuen Geschäften an einem Standort ist nicht an allen spurlos vorübergegangen. Vor allem die Bahnhofstraße, die bis dato zentrale Einkaufsstraße, hat sich mit der Eröffnung der City-Arkaden nachhaltig verändert. Die dort ansässigen Geschäfte mussten zum Teil Umsatzrückgänge von 25 bis 45 Prozent hinnehmen. Liefen vor zwei Jahren noch 50.000 Besucher jede Woche über die Bahnhofstraße, sind es heute nur mehr knapp 30.000.

"Ich stehe den City-Arkaden generell positiv gegenüber", sagt Georg Schuchlenz, "damit werden viele Kunden in die Stadt gezogen." Doch als Obmann des Haus- und Grundbesitzerbundes Kärnten ist er natürlich daran interessiert, dem Geschäftsleerstand in der Bahnhofstraße entgegenzuwirken. Durch die geringe Frequentierung ist nicht nur die Nachfrage nach Geschäftslokalen, sondern auch nach den darüberliegenden Etagen gesunken.

Rückkehr in die Stadt

Schuchlenz spricht von einer Spirale: "Gelingt es, die Frequenz in der Straße wieder zu steigern, steigt auch das Interesse nach den oben liegenden Etagen wieder an – ganz gleich, ob für Büronutzung oder für Wohnzwecke." Gemeinsam mit den Hauseigentümern versucht er, für die Erdgeschoßlokale Geschäftssparten zu gewinnen, die nicht in den City-Arkaden anzutreffen sind.

Dass es nicht nur im Konsumbereich, sondern auch beim Wohnen einen Rückkehrtrend in die Städte gibt, bestätigt Jens Dangschat, Soziologe und Professor an der TU Wien. Er spricht von einer Renaissance der Städte: Grundlegende gesellschaftliche und arbeitsstrukturelle Veränderungen führen dazu, dass immer mehr Menschen innerstädtische Wohnlagen suchen. Dabei sind sie in starkem Maße an einer rund um die Uhr geöffneten Infrastruktur und an kleinteiligen Handelsstrukturen interessiert. Ob allerdings auch eine Großstruktur wie die eines Indoor-Einkaufstempels die Attraktivität des innerstädtischen Wohnens erhöht? Dangschat hegt seine Zweifel: "In solch einem Einkaufszentrum findet man in der Regel Filialen, die man nicht täglich braucht."

Zumindest scheint sich das neue Einkaufszentrum in der Klagenfurter Innenstadt als attraktive Adresse etabliert zu haben: Sucht man nach einer Wohnung im Zentrum, trifft man immer wieder auf Anzeigen mit dem Hinweis: "In unmittelbarer Nähe der City-Arkaden."

Neues EKZ für Graz

Ob eine solche städtebauliche Einbindung auch in Graz gelingt? Hier nämlich plant die ECE ihr nächstes innerstädtisches Einkaufszentrum auf österreichischem Boden. Die Stadtgalerie wird mit 55.000 Quadratmetern Verkaufsfläche aufwarten und soll die Verkehrsachse vom Grazer Hauptplatz zum Bahnhof beleben. Noch steht die erforderliche Bebauungsplanänderung aus – der Grazer Stadtrat muss diese erst noch beschließen. Geht alles nach Plan, wird 2010 eröffnet. Die Geschäftsleute sind bereits in Alarmbereitschaft. Sie befürchten eine Abwanderung der Kaufkraft auf die andere Murseite. (Anne Isopp, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15./16.12.2007)