Wien – Die polizeilichen Ermittlungen in der sogenannten Sauna-Affäre wurden betrieben, "obwohl von der Verdachtslage gesehen dafür keine objektiven Anhaltspunkte bestanden haben". Vielmehr wurden "anonyme Anzeigen zum Zwecke des Aufbaus einer Verdachtslage fingiert". Zu diesem vernichtenden Ergebnis kommt ein 75 Seiten starker Bericht des Büros für Rechtsfragen und Datenschutz der Bundespolizeidirektion Wien.

Zur Erinnerung: Die Kriminaldirektion 1 (KD) hatte gegen Wolfgang B., den Betreiber des als FKK-Sauna getarnten Bordells Golden Time, monatelang intensiv wegen Menschenhandels ermittelt. Der 43-Jährige und fünf Mitangeklagte wurden allerdings Anfang Mai 2007 im Wiener Straflandesgericht freigesprochen.

Laut dem nunmehr vorliegenden Bericht kamen diese Freisprüche nicht überraschend. Die Polizei habe "durch subjektive beziehungsweise einseitige Darstellung die Staatsanwaltschaft und das Gericht zur Erteilung von Aufträgen in Verbindung mit massiven Grundrechtseingriffen verleitet", stellt das Büro für Rechtsfragen und Datenschutz fest. Erst in der Hauptverhandlung habe sich die Schuldlosigkeit sämtlicher Verdächtiger herausgestellt: "Anträge beziehungsweise Anzeigen der Kriminaldirektion 1 im Zuge der polizeilichen Ermittlungen scheinen so aufgebaut worden zu sein, dass es für Staatsanwaltschaft und Gericht nur schwer zu erkennen war, dass diesen Schriftstücken nicht wirklich fundierte sachliche Substrate zugrunde lagen."

"Privatrecherchen"

Die Anzeige gegen Wolfgang B. und sein Umfeld "hätte in dieser Form den 'sicherheitsbehördlichen Schreibtisch nicht verlassen', wäre der Akt den zuständigen und mit einer sachgerechten und ordentlichen Aktenführung vertrauten Organen der Kriminalpolizeilichen Abteilung vorgelegt worden".

Im Bericht werden ausdrücklich der mittlerweile außer Dienst gestellte und in erster Instanz wegen Amtsmissbrauchs abgeurteilte Wiener Landespolizeikommandant Roland Horngacher sowie der Leiter der KD 1, Oberst Roland Frühwirth, massiv kritisiert. "Privatrecherchen unter Ausnützung der polizeilichen Möglichkeiten", heißt es. Gemeint sind damit die internen Angriffe auf Ernst Geiger.

Wie berichtet, war der frühere Topkriminalist im Zuge der Sauna-Affäre beschuldigt worden, an B. eine Razzia in dessen Etablissement verraten zu haben. Dafür wurde Geiger suspendiert, seine Verurteilung in erster Instanz wurde inzwischen aufgehoben, der Prozess muss auf Anordnung des Obersten Gerichtshofs wiederholt werden. Der Bericht wirft Horngacher und Frühwirth vor, gezielt und mit "Täuschung" der Vorgesetzten Geiger angepatzt zu haben.

Karriere zerstört

Geiger, derzeit im Stronach-Konzern Magna als Sicherheitsberater tätig, hat noch einen Zivilprozess gegen KD1-Chef Frühwirth laufen. Grund: Frühwirth wirft Geiger Kreditschädigung und üble Nachrede vor. Warum? Weil Geiger Frühwirth beschuldigt hatte, mit den Sauna-Ermittlungen seine Karriere zerstört zu haben. Eben für diesen Prozess, der kommenden Montag am Bezirksgericht Hietzing weitergeht, wurde der Evaluierungsbericht in Auftrag gegeben.

Erste Konsequenzen aufgrund des Berichts dürften nicht lange auf sich warten lassen: Man werde "geeignete und erforderliche Maßnahmen in die Wege leiten", kündigte die Wiener Vizepolizeipräsidentin Michaela Pfeifenberger am Freitagabend an. Für Geigers Rechtsbeistand Manfred Ainedter steht fest: "Der Bericht dokumentiert den größten Polizeiskandal des Jahres." Frühwirth wollte zunächst keine Stellungnahme abgeben. (simo/ DER STANDARD, Printausgabe, 15. Dezember 2007)